Kanadische Open-Media-Aktivisten stellen Report und Agenda für „unsere digitale Zukunft“ vor
Die kanadischen Netzaktivisten von „Open Media“ stellen unter dem Titel „Unsere digitale Zukunft“ eine crowdbasierte politische Vision zur Freiheit im Netz vor.
Dafür verarbeiteten sie über 40.000 weltweit eingegangene Beteiligungen an einer Online-Umfrage und formten daraus eine zwölf Punkte umfassende „Policy Agenda“ sowie die drei Kernbotschaften (frei übersetzt) „Respektiert Kreative“, „Nehmt die Meinungsfreiheit besonders wichtig“ und „Haltet euch an demokratische Prozesse“.
Bereits im Juli 2012 startete die kanadische Organisation Open Media die Initiative „Our Digital Future“, zu deutsch „unsere digitale Zukunft“. Ihr Ziel ist eine netzpolitische Agenda, an der sich Politik und Gesellschaft orientieren können, um Freiheit auch in Zeiten von Digitalisierung und Vernetzung zu gewährleisten und die Debatten darüber fair zu gestalten. Dreh- und Angelpunkte sind dabei Fragen zur Vereinfachung des Urheberrechts, zu Netzsperren und zur fairen Vergütung für Urheber.
Um möglichst viele Menschen zu erreichen, entwickelten die Aktivisten ein Online-Befragungs-System, über das sich Interessierte aus aller Welt beteiligen konnten. Jeder Teilnehmer konnte vorgefertigte Aussagen und Einschätzungen per Drag-and-drop verschieben, etwa um sie nach Relevanz zu sortieren. Dazu waren weitere, individuelle Eingaben möglich.
Im Laufe von knapp zwei Jahren gingen über 40.000 Beteiligungen ein, die das Open-Media-Team inhaltlich analysierte. Aus diesem „Crowdsourcing“ von Einstellungen und Bewertungen leiteten die Aktivisten eine 12 Punkte umfassende „Policy Agenda“ ab. In einem jetzt veröffentlichten, über 60 Seiten umfassenden Report gehen sie ausführlich auf diese zwölf Punkte ein, etwa auf die Förderung von Creative-Commons-Lizenzen, die Anwendung von Fair-Use-Regelungen oder die Forderung nach klaren, leicht verständlichen Urheberrechtsregelungen.
In einem weiteren Schritt bildeten sie aus den eingegangenen Beteiligungen drei Kernbotschaften („Key Recommendations“):
- „Respektiert Kreative“ („Respect Creators“). Rund 67 Prozent der Beteiligten sprachen sich laut Open Media dafür aus, dass die Kreativen mindestens 75 Prozent aller Einnahmen bekommen sollten, die mit ihren Werken erzielt werden. Und fast 90 Prozent sind der Meinung, dass stets die Urheber genannt werden sollten, wenn deren Werke genutzt und weitergegeben werden. Um dies einzulösen, müssten Kreative die richtigen Werkzeuge in die Hand bekommen und das Urheberrecht an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden.
- „Nehmt die Meinungsfreiheit besonders wichtig“ („Prioritize free expression“). Aus einer Liste von sechs Prioritäten für ein modernes Urheberrecht favorisierte die Mehrheit (fast 27.000 ) das Recht auf freie Meinungsäußerung. Aus den Eingaben leitete Open Media vier wichtige Bestandteile ab, die ein Urheberrecht enthalten sollte, das sich den neuen Gegebenheiten der digitalen Welt anpasst: Es muss Zensur verhindern, Prinzipien wie „Fair Use“ und „Fair Dealing“ schützen, den Zugang und die Nutzbarkeit von Inhalten befördern und seine Regeln für das Teilen von Wissen und Kultur im Netz müssen klar verständlich sein.
- „Haltet euch an demokratische Prozesse“ („Embrace democratic processes“). Über 72 Prozent der Teilnehmenden sprachen sich dafür aus, dass die Diskussion über Änderungen des Urheberrechts auf möglichst breiter gesellschaftlicher Basis erfolgen muss. So sollten Internetnutzer und Kreative ebenso einbezogen werden wie Urheberrechtsexperten. Statt hinter verschlossenen Türen zu verhandeln, wie etwa beim derzeit zur Debatte stehenden Freihandelsabkommen Trans-Pacific Partnership (TPP), müsse es für die Erneuerungen des Urheberrechts beteiligungsoffene, demokratische und transparente Foren und Prozesse geben, um mit der Dynamik der technischen und kulturellen Veränderungen Schritt zu halten.
Im Rahmen ihres Berichts stellen die Open-Media-Aktivisten fest, dass die Internetnutzer – entgegen stereotyper Ansichten – sehr wohl Verständnis und Respekt für die Bedürfnisse von Kreativen und Wissensarbeitern hätten. Weil das Urheberrecht immer wichtiger werde, müssten die Regelungen ebenso fair wie leicht verständlich sein, um die digitale Zukunft von allen Netzbewohnern zu sichern.
Der 68-seitige Bericht ist auf Englisch unter der CC-Lizenz BY SA veröffentlicht und online verfügbar (PDF). Auch eine sechsseitige Zusammenfassung (PDF) gibt es. Zu den Unterstützern der Initiative zählen Boing Boing, Creative Commons, Association For Progressive Communications, Popular Resistance, Knowledge Ecology International und andere, oft international tätige Organisationen.
Open Media ist eigenen Angaben nach eine Community-basierte Nichtregierungsorganisation, die sich für ein offenes Internet und Onlinerechte einsetzt. Sie stellt netzpolitische Forderungen auf und initiiert Kampagnen im Web und in der Öffentlichkeit. Für ihre Anliegen, gibt Open Media an, habe sie im Web insgesamt über 300.000 Menschen aus mehr als 150 Ländern gewinnen können.
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