eBuch-Handel in Deutschland: Drohen und Stümpern
Heute geht die Leipziger Buchmesse zu Ende. Eines der wichtigen Themen auf der Messe waren eBücher, das heißt Buchtexte in elektronischer Form, und die dazugehörigen Lesegeräte. Denen soll nach Meinung von Fachleuten ein Teil der Zukunft gehören: Angeblich wollen noch in diesem Jahr 2,2 Millionen Deutsche eBücher kaufen. Das hat jedenfalls eine Forsa-Umfrage ergeben (via Golem.de).
Die deutsche Buchbranche hat den Trend inzwischen auch erkannt — bisher waren eBücher oder englisch eBooks hierzulande eine Rarität — und reagiert. Die Reaktion ist fürwahr erstaunlich.
- Der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Alexander Skipis, drohte anläßlich Eröffnung der Leipziger Buchmesse: “Wir werden in aller Schärfe gegen den illegalen Download, gegen den Diebstahl im Internet, vorgehen” und “die Gerichte mit Tausenden von Verfahren beschäftigen”. Skipis weiter: “Die Politik zwingt uns zu diesem Schritt.” In Skipis Augen würde dieses “organisierte Verbrechen” von der Politik nicht ausreichend bekämpft. Skipis scheint von der Musikindustrie gelernt zu haben. . .
- Verlage und Buchhandel wollen zugleich Google mit seiner Buchsuche und Amazon mit seinem eBücher-Angebot bekämpfen. Ihre Waffe heißt Libreka — “Der Volltext-Finder”. Wer dort eBücher kaufen will, braucht Geduld und Glück, wie Konrad Lischka für Spiegel Online ausprobiert hat. eBücher sind bei Libreka ungefähr so selten wie Austern in der Spree. Lischkas Fazit: “Darum floppt das E-Book-Portal des Buchhandels” (lesenswert!). Ich habe auf Libreka auch ein wenig herumgespielt und kann Lischkas Erfahrungen nur bestätigen. Wie eine Branche mit einem Jahresumsatz von fast 10 Milliarden Euro (via Handelsblatt) ein derart dürftiges Angebot machen kann, ist mir schleierhaft.
- Die Buchpreisbindung. Nach revidierter Aufffassung (Leander Wattig) des Börsenvereins unterliegen eBücher ebenso der Preisbindung wie gedruckte Bücher. Wer gedacht hat, mit eBüchern würde der Markt Einzug halten in der Buchbranche, kennt die Branche schlecht. Amazon dürfte es freuen. So sind hohe Gewinnmargen im Deutschlandgeschäft garantiert, wenn Amazon mit dem Kindle auch hier in den Markt einsteigt.
- Der Preis für eBücher liegt derzeit etwa 10-20 Prozent unter dem für gedruckte Bücher. Dafür bekommt man eine Datei, aus der man unter Umständen noch nicht einmal ein Wort kopieren kann, um es zu zitieren oder anderweitig für den Privatgebrauch zu nutzen. Dann wäre Abtippen angesagt.
- Google Analytics. Auch Libreka kann nicht widerstehen, Googles datenschutzunfreundliches Werkzeug zur Kundenbeobachtung einzusetzen.
Klingt das alles wie ein Erfolgsrezept oder eher wie eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für den Grau- und Schwarzmarkt?
Geht es nicht auch besser? Ja, etwas. Bei Libri.de gibt es immer hin schon problemlos 1690 eBücher zu kaufen (geworben wird allerdings mit “Tausende aktuelle Bestseller jetzt neu als eBooks”). Der Haken an der Sache?
“Dieses eBook können Sie auf allen Geräten lesen, die epub- und DRM-fähig sind. z.B. auf dem Sony PRS 505.”
Die eBücher kommen also mit digitalem Rechtemanagement und lassen sich nur auf einem Lesegerät nutzen. Auch nichts von der Musikbranche gelernt.
3 Kommentare
1 Robert A. Gehring am 16. März, 2009 um 08:41
Der Buchreport hat übrigens ein interessantes Interview mit dem Autor Thomas Hettche zum Thema eBücher und Urheberrecht. Daraus:
Was sagen Sie dazu?