Fordern Datenschützer wirklich, dass Google weltweit Links löscht?
Wenn Google Suchergebnisse aus Datenschutzgründen entfernt, lässt sich das bis jetzt leicht umgehen. Datenschützer kritisieren das – ihre Forderungen sind aber noch unklar.
Am Donnerstag vergangener Woche trafen sich Datenschützer mit Suchmaschinenbetreibern in Brüssel, um über die Folgen des EuGH-Urteils zum „Recht auf Vergessenwerden“ zu beraten. In der Artikel–29-Datenschutzgruppe, in der sich Europas Datenschutzbeauftragte versammeln, ist man augenscheinlich unzufrieden darüber, wie Google das Urteil umsetzt.
Folgt man verschiedenen Berichten, sollen die Datenschützer gefordert haben, dass Google Links weltweit löschen solle. So heißt es bei Heise Online:
Insbesondere bemängelten sie, dass Links auf Nutzerwunsch zwar auf europäischen Google-Sites gelöscht werden, nicht aber auf Angeboten außerhalb Europas.
Auch Golem.de und andere Seiten berichten ähnlich. Netzwertig.com fürchtet bereits, dann könnten auch chinesische Behörden die Ergebnisse in Deutschland zensieren. Heise verlinkt als Beleg einen BBC-Bericht, der wiederum auf einen Reuters-Bericht als Beleg verlinkt. Bei Reuters heißt es mit Verweis auf „eine Quelle“, dass die Datenschützer Google dazu ausfragten, weshalb Löschungen nur die „europäischen Suchmaschinen“ von Google betreffen würden, derselbe Link aber für einen Nutzer in Europa erreichbar wird, wenn er auf google.com wechselt:
Regulators quizzed Google over its decision to remove search results only from its European search engines such as google.co.uk, which means that anyone can easily access the same information by switching to the widely used google.com, said the source, who was present at the meeting.
Google-Löschung leichter als Youtube-Sperren zu umgehen
Anlass der Fragen der Artikel–29-Datenschutzgruppe ist also, dass ein Nutzer zwar bei Eingabe von „google.co.uk“ oder „google.de“ Suchergebnisse bekommt, in denen diejenigen Ergebnisse fehlen, die Google nach einem Löschanspruch entfernt hat. Wer jedoch auf den Link „google.com verwenden“ auf der Google-Startseite klickt, bekommt ungefilterte Ergebnisse. Auch „google.com“-Ergebnisse sind aber wohl – so sagen es zumindest Suchmaschinenoptimierer – nicht mehr für alle Länder gleich, sondern vom konkreten Standort abhängig. (Update: Das sagt auch eine CNET-Untersuchung.)
Im Unterschied etwa zu den von Youtube gesperrten Musikvideos im Streit mit der GEMA setzt Google aber kein „Geoblocking“ auf der Basis von IP-Adressen ein, wenn es Ergebnisse löscht, um das Urteil des EuGH umzusetzen. Auch wer ausdrücklich als Nutzer aus Europa erkannt wird, kann gelöschte Ergebnisse daher mit zwei Klicks anzeigen.
Sperre für „google.com“-Nutzer in Europa oder für alle?
Ob die Datenschützer also tatsächlich fordern, die Links seien auch weltweit zu löschen, lässt sich nicht belegen. Offizielle Forderungen hat die Artikel-29-Gruppe ohnehin noch nicht aufgestellt. Mittlerweile ist aber ein Fragenkatalog an die Suchmaschinenbetreiber veröffentlicht (PDF). Im Herbst wollen die Datenschützer dann einen Leitfaden vorstellen. Ein Sprecher der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff, ebenfalls Mitglied der Artikel-29-Gruppe, erklärt auf Anfrage von iRights.info:
Bei der Anhörung der Suchmaschinenbetreiber in einer Unterarbeitsgruppe der Artikel–29-Gruppe wurde seitens der Datenschutzaufsichtsbehörden die Auffassung vertreten, dass die Beschränkung der Löschung von Suchmaschineneinträgen auf europäische Domains die Gefahr birgt, dass das Urteil des EuGH nicht vollumfänglich umgesetzt wird. Sofern festgestellt wurde, dass eine Verlinkung inhaltlich unrechtmäßig ist, darf sie nicht mehr als Suchergebnis angezeigt werden, unabhängig davon, von welcher Domain die Suchanfrage gestellt wird.
Damit wird zwar die Umgehungsmöglichkeit angesprochen, die Antwort darauf bleibt aber auch auf weitere Nachfrage offen. Sollten die Datenschutzbeauftragten in ihrem Leitfaden dann tatsächlich fordern, dass Suchmaschinen weltweit nach europäischem Recht löschen, wäre das tatsächlich eine Nachricht: Auch US-Nutzer etwa von google.com wären von der Rechtsprechung des EuGH betroffen und bekämen keine Ergebnisse angezeigt.
Doch danach sieht im Moment wenig aus; bis jetzt gibt es vor allem ein Stille-Post-Spiel aus der Brüsseler Sitzung. Wenn die Datenschützer fordern, dass die Ergebnisse nicht lediglich mit zwei Klicks umgangen werden können, ist das in der Logik des Urteils letztlich konsequent – ganz unabhängig davon, wie man zum Urteil und seiner Begründung steht.
Zum Thema bei iRights
Der EuGH, Google und das Vergessen: Was sagt das Urteil wirklich?
Google-Urteil: Öffentlichkeit kennt keine beschränkte Teilnehmerzahl
„Recht auf Vergessen“: Technik und Recht müssen zusammenarbeiten
3 Kommentare
1 Maya am 31. Juli, 2014 um 11:24
Was bring mir dann eine Löschung, wenn diese so leicht zu umgehen ist. Lieber nutze ich http://swisscows.de oder http://startpage.com, die mir Datenschutz bieten und sicherer als Google sind.
Was sagen Sie dazu?