Amazon Instant Video: Dok-Filmer in Lauerstellung, weil Lovefilm einst ohne Nutzungsrechte DVDs verlieh
Vor wenigen Tagen startete Amazon mit „Prime Instant Video“ ein Online-Streaming-Angebot. Dass der Konzern dafür seine „Prime“-Nutzer mit denen seiner DVD-Verleih-Tochter „Lovefilm“ zu einem großen Kundenstamm verschmilzt, ist ein mäßig spannendes Vertriebsmanöver. Schon interessanter ist, welche Filme in den angeblich 12.000 Titel umfassenden Katalog gelangen. Denn unlängst handelte sich „Lovefilm“ durch den Verleih von Dokumentarfilmen, für die es keine entsprechenden Nutzungsrechte hatte, eine Unterlassungsverfügung ein.
„Streamingrechte sind in der Regel separat zu erwerben oder zu verhandeln, sie ergeben sich nicht aus etwaig verfügbaren Vermiet- oder Verleihrechten, schon gar nicht automatisch“, weiß Christlieb Klages, Berliner Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Medien, neue Technologien und Kommunikation bei der Kanzlei KV Legal, auf Anfrage von iRights.info zu berichten.
Klages ist als Vertragsanwalt der Dokumentarfilmer-Vereinigung „AG Dok“ tätig und vertrat die Filmemacherin Elke Baur bei einer Klage gegen Lovefilm. Die Amazon-Tochter hatte seinerzeit einen Film von Bauer im Katalog, für den sie nicht über die erforderlichen Verleih- und Vermietrechte verfügte. Per einstweiliger Verfügung verbot das Landgericht Berlin im April 2012 die weitere Vermietung. Die gegen „Lovefilm“ erwirkte Unterlassungs-Verfügung ist rechtskräftig.
Fachanwalt Klages vermutet, Amazon habe damals beim Kauf eines Katalogs einer Vertriebsfirm nicht genau geprüft, ob für jeden einzelnen Film die Vermietrechte vorliegen und die Filme einfach komplett in den DVD-Verleih-Fundus übernommen. Er wisse durch die AG Dok von etwa zehn Filmen, für die Amazon die Rechte nicht hat.
Klages geht jedoch davon aus, dass Amazon für die Frage der Rechteeinräumung inzwischen sensibilisiert ist – genau so wie die Dokumentarfilmer-Community. Denen gehe es nicht allein ums Prinzip oder um Pfennigfuchserei, als vielmehr um Verwertungsoptionen. Früher bedeutete Verleih, eine große Menge an DVD-Exemplaren an die Videotheken zu verkaufen, was sich durchaus gerechnet hat. Bei Lovefilm hingegen kursiert oft nur eine einzige DVD bundesweit. Das bringe den Filmemachern keine darstellbaren Umsätze mehr.
Zudem seien ihre Dokumentarfilm-Produktionen oft über Jahre noch nachgefragt, etwa von Sendern, worüber dann einzeln verhandelt werde. Den Zyklus der „Verramschung“ in finalen Leih- und Streaming-Kanälen, wie ihn die Produzenten und Vertriebe von Spielfilmen oder TV-Serien praktizieren, sei für die Dokumentarfilmer kaum von Bedeutung. Nur ein kleiner Teil von ihnen sehe es als Vorteil, auch über Verleih- und Streaming-Kataloge gefunden zu werden.
Alle anderen beobachten jetzt mit Argus-Augen, welche Titel im Amazon-Instant-Video-Katalog auftauchen – um sich im Falle einer offensichtlichen Rechtsverletzung ebenso instant an ihren Anwalt zu wenden.
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