Rapidshare muss noch umfassender prüfen
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Filehosting-Dienst Linksammlungen unter Umständen regelmäßig kontrollieren muss, wie dem jetzt veröffentlichten Urteil vom 15. August zu entnehmen ist (I ZR 80/12). Eine solche regelmäßige Kontrolle von Linksammlungen im Netz, die auf Dateien beim Filehoster verweisen, sei für einen Dienst dann zumutbar, wenn „sein konkretes Geschäftsmodell Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub” leistet, so der BGH.
Für die Nutzer von Filehostern ändert sich damit nichts, wohl aber für Rapidshare. Der Dienst muss demnach für jedes Musikstück, das bereits auf Rapidshare öffentlich zugänglich gemacht und von der GEMA gerügt wurde, pro-aktive Nachforschungen anstellen. Eine solche Kontrolle geht einerseits über das hinaus, was der BGH in der Entscheidung „Alone in the Dark” feststellte. Auch diese erging gegen Rapidshare. Hier handelte es sich aber nur um die Pflicht, „eine kleine Anzahl einschlägiger Linksammlungen manuell darauf zu überprüfen”, ob sie auf urheberrechtsverletzende Uploads verweisen.
Mit dem Urteil liegt der Bundesgerichtshof jedoch zugleich auf der Linie früherer Entscheidungen, soweit es um das Geschäftsmodell von Rapidshare und die Maßnahmen geht, die ein Filehoster ergreifen muss: Je mehr ein Dienst Rechtsverletzungen fördert oder gar mehr oder weniger ausdrücklich mit deren Möglichkeit wirbt, desto höher sind die Prüfpflichten, die dem Dienst zugemutet werden können.
Das wurde bereits in der Entscheidung „Cybersky” aus dem Jahr 2007 sehr deutlich. Hier hatte der Anbieter sogar damit geworben, wie einfach und komfortabel es sei, Fernsehsendungen übers Netz zu tauschen – mit anderen Worten: Urheberrechtsverletzungen zu begehen. Je gezielter ein Dienst darauf ausgerichtet ist, Urheberrechtsverletzungen zu begehen, desto weniger genießt und verdient dessen Geschäftsmodell den Schutz der Rechtsordnung. Dienste, die gänzlich nur für Rechtsverletzungen genutzt werden können, könnten unter Umständen sogar gänzlich verboten werden.
Ist der Dienst aber – wie im Fall Rapidshare – auch für völlig legale Nutzungsmöglichkeiten bestimmt und geeignet, kommt es auf das Verhältnis von legalen und illegalen Nutzungsmöglichkeiten an. Der Bundesgerichtshof hat im konkreten Fall entschieden, dass das Geschäftsmodell und die Ausgestaltung von Rapidshare ganz erheblich auf Urheberrechtsverletzungen abzielen. Das erscheint soweit plausibel.
Leonhard Dobusch hat in einer Einschätzung zum Urteil bei netzpolitik.org angemerkt, dass neue und wünschenswerte Dienste behindert werden können, wenn über sie nach einem beschränkten, zu unflexiblen Ausnahmekatalog im Urheberrecht geurteilt wird. Er fragt, ob „nicht auch Youtube und Facebook ‚Urheberrechtsverletzungen in erheblichem Umfang Vorschub’ leisten?”
Die Frage ist berechtigt, doch dass Gerichte Dienste wie Youtube, Facebook und Co. ebenso einordnen würden, halte ich eher für unwahrscheinlich. Bei diesen Plattformen sind illegale Nutzungen wesentlich untergeordneter für die Attraktivität der Dienste. Bei Diensten wie Pinterest oder Storify, die als Remix-Plattform dienen, könnte es schon wieder anders aussehen, auch wenn im Bildbereich wesentlich mehr freie Inhalte zu finden sind als in der Musik.
Wie auch immer andere Dienste beurteilt werden: Es bleibt festzuhalten, dass die vom BGH auferlegten Prüfpflichten sehr weit gehen.
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