Wen und was betrifft das Leistungschutzrecht? Nichts genaues weiß man nicht
Die Bundesregierung hat auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag geantwortet, die einen ausführlichen Fragenkatalog zum Presse-Leistungsschutzrecht vorgelegt hatte. Im Zentrum stand dabei die Frage, wen und was das neue Recht nun eigentlich – über Suchmaschinen hinaus – betreffen soll.
Die Anfrage führt eine ausführliche Liste auf, etwa Rivva, soziale Netzwerke und Aggregatoren dafür, Twitter und andere Microblogging-Dienste, Monitoring-Services, et cetera. Auch wird gefragt, wie es sich bei URLs, die Überschriften enthalten, bei unkommentiertem Verlinken mit Auszug usw. verhält.
Die Antworten der Regierung auf die Fragen bleiben unbestimmt. Man kann wohl sagen, die Regierung weiß es ebensowenig und hofft auf die Gerichte. Indirekt wird damit natürlich die weithin geäußerte Kritik bestätigt, das Leistungsschutzrecht werde vor allem Rechtsunsicherheit hervorbringen:
Demgegenüber werden Dienste nicht erfasst, die die verlegerische Leistung auf andere Weise [als „nach Art einer Suchmaschine”, D.P.] nutzen, zum Beispiel indem sie dem Internet-Nutzer aufgrund eigener Wertung eine Auswahl von Presseerzeugnissen anzeigen (…) Diese abstrakt-allgemeine Regelung wird nach Verabschiedung des Gesetzes auf konkrete Sachverhalte anzuwenden sein. Soweit sich Auslegungsfragen stellen, werden sie durch die Gerichte entschieden. Das wird auch für das neue Leistungsschutzrecht für Presseverleger gelten.
Außerdem fragte die Fraktion danach, in welchem Umfang Suchmaschinenanbieter auf die Wertschöpfung von Verlagen „in besonderer Weise zugreifen” – mit diesen Worten hatte der Regierungsentwurf das Leistungsschutzrecht begründet.
Die Regierung muss hier passen:
Der Bundesregierung sind keine eigenen belastbaren statistischen Daten zu diesen Fragen bekannt.
Weiterhin antwortet die Regierung auf die Frage, wann Blogger selbst in den „Genuss” des Leistungsschutzrechts kommen würden. Die Antwort wiederholt hier allerdings lediglich die Gesetzesbegründung. Zur Durchsetzung des Leistungsschutzrechts würden darüber hinaus die allgemeinen gesetzlichen Regelungen im Urheberrecht greifen – also Unterlassung, Schadensersatzanspruch, Abmahnung usw.; Content Syndication wiederum sei nicht vom Leistungsschutz betroffen.
Mit-Antragstellerin Petra Sitte (Linke) kommentiert die Antwort mit den Worten:
Somit bleibt es dabei, dass auch Anbieter wie Facebook, Twitter und nahezu das gesamte Social Web unter das Leistungsschutzrecht fallen können. Die Gerichte müssen künftig entscheiden, ob in ihrem Fall bereits das unkommentierte Posten und Verbreiten entsprechender Links, die im Pfad der URL eine Überschrift aus einem Presseartikel wiedergeben, durch Dritte als lizenzierungspflichtig anzusehen ist.
Die ganze Antwort gibt es hier (PDF).
Leistungsschutzrecht für Presseverlage: Antwort der Bundesregierung, BT-Drs. 17/11607
4 Kommentare
1 gnuffy am 13. Dezember, 2012 um 14:22
irre!
2 Klaus am 14. Dezember, 2012 um 13:35
“Die Antworten der Regierung auf die Fragen bleiben unbestimmt. Man kann wohl sagen, die Regierung weiß es ebensowenig und hofft auf die Gerichte.”
Dies ist keine Besonderheit, sondern der Normalfall bei Gesetzen. Die Empörung darüber entlarvt den juristisch Ungebildeten.
Zwei Beispiele:
Der Gesetzgeber sagt, sittenwidrige Verträge brauchen nicht eingehalten werden. Was sittenwidrig ist, sagt er nicht. Das bestimmen hinterher die Gerichte.
Der Gesetzgeber sagt, Mord wird stärker bestraft als Totschlag. Mord ist u.a. die Tötung aus niedrigen Beweggründen. Was niedrige Beweggründe sind, sagt der Gesetzgeber nicht, auch das überlässt er den Gerichten.
Dies hat den Vorteil, dass Gesetze im Wandel der Zeit nicht geändert werden müssen, weil die Rechtsprechung bestimmte Aspekte in der Auslegung selbst bestimmen. Das ist gewollt und auch gut so.
Was sagen Sie dazu?