Urheberrecht in Österreich: Festplattenabgabe – Ja, aber?
In Österreich wird seit mehreren Jahren eine Auseinandersetzung um die Ausweitung der Leerkassetten-Vergütung auf Festplatten (“Festplattenabgabe”) geführt. 2005 lehnte das Oberstgericht die Festplattenabgabe ab, ein aktuelles Verfahren dürfte einen ähnlichen Ausgang nehmen, weshalb nun versucht wird, die Festplattenabgabe durch eine Novelle des Urheberrechtgesetzes einzuführen.
Die Einführung der Festplattenabgabe wird von Verwertungsgesellschaften, Musikindustrie und neuerdings auch einer Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern, die mit der im Frühjahr 2012 gestarteten Kampagne “Kunst hat Recht” auftritt, vehement gefordert. Hintergrund ist, dass sich laut Angaben der Verwertungsgesellschaften die Einnahmen aus der Leerkassetten-Vergütung im Zeitraum zwischen 2005 und 2011 von 17,6 auf 7,9 Millionen Euro verringert haben. Die Internetwirtschaft, die Arbeiterkammer (die gesetzliche Interessenvertretung der Arbeitnehmer in Österreich) wie auch Netzinitiativen, Grüne und Teile der sozialdemokratischen Partei lehnen die Leerkassetten-Vergütung jedoch u. a. mit dem Argument ab, dass sie nicht mehr zeitgemäß und z.B. durch eine Flatrate ersetzt werden sollte; außerdem seien die von den Verwertungsgesellschaften dafür vorgeschriebenen Tarife gänzlich unverhältnismäßig.
Die Auseinandersetzung hat angesichts der jüngeren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (“EuGH”) einige Brisanz. Die Leerkassetten-Vergütung dient als “gerechter Ausgleich” der Urheber dafür, dass von ihren Werken ohne ihre Einwilligung Kopien für die private Nutzung hergestellt werden (“Privatkopie”). Die rechtliche Grundlage ist eine europäische Richtlinie, zu der der EuGH jüngst festhielt (VEWA), dass das Entgelt für die Urheber sich am wirtschaftlichen Wert der Nutzung orientieren muss, und dass dieser Betrag nicht bloß symbolisch sein darf. Folgt man dieser Argumentationslinie, so könnte dies letztlich zur Abschaffung des Rechts auf Privatkopie führen; wenn nämlich der EuGH zu dem Ergebnis käme, dass der gerechte Ausgleich mangels “anständiger Einnahmen” nicht mehr gewährleistet sei.
Neben der Frage, ob man eine Festplattenabgabe einführen soll, steht auch in Diskussion, wie einerseits die Höhe berechnet und wofür das Entgelt konkret gezahlt werden soll. So wird vertreten, dass bei der Festsetzung der Höhe auch die Nutzung von Werken durch so genannte “illegale Downloads” abgegolten werden soll. Mit “illegalem Download” ist eine Kopie gemeint, die von einer nicht rechtmäßig hergestellten Vorlage, z.B. einem Upload ohne Zustimmung des Rechteinhabers, hergestellt wurde.
In Österreich gibt es allerdings entgegen der Situation in Deutschland weder ein Gesetz noch eine oberstgerichtliche Rechtsprechung, die für die Ausübung des Rechts auf Privatkopie eine rechtmäßig hergestellte Vorlage voraussetzt. Weiters kann es wohl nicht angehen, dass Verbraucher für die Erstellung von Privatkopien abgemahnt und vielleicht auch noch bestraft werden können, für die sie bereits die Festplattenabgabe bezahlt haben.
Selbst wenn man davon ausginge, dass das Konzept des “illegalen Downloads” in Österreich Anwendung fände, so wäre die Einhebung einer Festplattenabgabe dafür höchst fragwürdig. Der EuGH (Padawan) hielt unlängst fest, dass eine Vergütung für Speichermedien nur als Ausgleich für die Anfertigung von Privatkopien eingehoben werden darf, nicht aber pauschal auch für andere Nutzungen. Eine Vergütungspflicht so genannter “illegaler Downloads” wäre vor diesem Hintergrund daher höchst bedenklich.
Eine allfällige Einführung einer Festplattenabgabe sollte daher dafür genutzt werden, die Rechte von Urhebern angemessen zu vergüten, und gleichzeitig Verbraucher zu entkriminalisieren, indem klargestellt wird, dass es für die Erstellung einer Privatkopie unerheblich ist, ob die Kopie-Vorlage rechtmäßig erstellt wurde oder nicht, weil dies für den Verbraucher in der Regel auch nicht nachvollziehbar ist. Damit einhergehend wäre die Festlegung der Tarife auf empirischer Basis durch eine Aufsichtsbehörde gefordert; genauso wie eine klare Darstellung der Verteilung der eingehobenen Vergütung, damit diese auch wirklich bei den Kreativen landet, etwa in Falle von mit Creative Commons lizenzierter Werke. Wünschenswerter wäre aber doch eine große Lösung wie eine Content-Flatrate, die File-sharing mit einschließt.
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