Leistungsschutzrecht: Die Lobbyisten der Unfreiheit
Deutsche Presseverlage fordern ein Leistungsschutzrecht. Mathias Döpfner und Christoph Keese vom Verlag Axel Springer fordern in Interviews staatlichen Schutz. Zugleich gibt ihr Verlag ein Gutachten in Auftrag, mit dem die Notwendigkeit des Leistungsschutzrechts begründet werden soll. Das Gutachten wird an Bundestagsabgeordnete verschickt. Beinahe zeitgleich veröffentlichen die schützenswerten Qualitätsmedien FAZ und Welt Aussagen des Springer-Gutachters, ohne auf seinen Interessenkonflikt hinzuweisen – oder den der Verlage. Die Leser werden im Dunkeln gelassen, aber sie sind ja schlau genug, sich ein eigenes Urteil zu bilden.
Was Gutachter Jan Hegemann, Springers Konzergeschäftsführer Christoph Keese, FAZ-Ressortleiter Reinhard Müller und Geschäftsführer Roland Gerschermann, Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, der Urheberrechtler Ansgar Ohly und der Medienrechtler Udo Branahl dazu sagen, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Message – Internationale Zeitschrift für Journalismus: Die Lobbyisten der Unfreiheit. (Auch als PDF, 476 kb)
4 Kommentare
1 Christoph Salzig am 7. Oktober, 2009 um 16:35
Die Lobby-Aktivitäten sind ein erschreckendes Zeugnis verlegerischer Phantasielosigkeit. Dabei wäre es an der Zeit, endlich konstruktiv mit der Problematik umzugehen, nachdem man jahreklang geflissentlich diedynamische Entwicklung ignoriert bzw. fehlinterpretiert hat.
Nur weil es derzeit noch kein funktionierendes Geschäftsmodell gibt, heißt ja nicht, dass es ausgeschlossen ist, mit Online-Journalismus Geld zu verdienen. Banner und klassisches Anzeigengeschäft sind offenbar für die Refinanzierung der Angebote untauglich, aber das muss ja nicht das Ende aller Überlegungen sein. Konkrete Anregungen, wie Verlage sich aufstellen können, liefert Dirk Beckmann, der mit seiner Agentur artundweise, schon einiges bewegt hat in Punkto Digitalsierung von Verlagsangeboten, in einem interessanten Gastbeitrag: http://bit.ly/4EfMOK
Und noch ein Wort zu Google. Jeder Verleger hat selbst in der Hand, sich vom Google Such-Index finden zu lassen. Es erfodert Mut, das zu ändern. Langfristig sehe ich dazu für Online-Verlagsangebote keine andere Alternative. Die Prämisse heißt: Näher an den Nutzer rücken und nicht den Umweg über Google wählen…
2 MZ am 22. Oktober, 2009 um 22:07
Warum sollten Verlage nicht das gleiche Recht nutzen dürfen wie etwa Tonträgerhersteller?
Der kann sich seine Werke 50 Jahre lang schützen lassen, weil er bei der Herstellung die organisatorische Verantwortung und das wirtschaftliche Risiko getragen hat.
Jede Zitierung ist kostenpflichtig, nur “winzige Tonpartikel” dürfen verwendet werden.
3 Matthias Spielkamp am 5. November, 2009 um 17:00
@MZ
Zum einen ist dem Artikel ausführlich dargelegt, welche Gefahren durch ein Leistungsschutzrecht drohen. Haben Sie ihn gelesen? Können Sie die vorgebrachten Argumente von Ohly und Branahl entkräften? Das wäre sehr interessant. Das meine ich ernst.
Die von Ihnen typischerweise gestellte Frage ist allerdings genau die falsche (Warum soll es kein Schutzrecht geben?), mit der leider seit Jahrzehnten Politik gemacht wird. Die Frage muss immer lauten: Warum soll es ein Schutzrecht geben? Jedes staatlich vergebene Monopol ist in höchstem Maß begründungsbedürftig, nicht seine Abwesenheit.
Den von Ihnen gesetzten Link habe ich gelöscht, weil er auf Ihre Startseite verweist, auf der lediglich ein Link zu einem äußerst dürftigen Beitrag über das LSR zu finden ist, der sicher demnächst von der Startseite verschwinden wird. Wenn Sie der Ansicht sind, dass er wirklich etwas zur Diskussion beizutragen hat, steht es Ihnen frei, einen Deep Link zu setzen.
Was sagen Sie dazu?