Börsenblatt befragt Brigitte Zypries
Die erste Frage des Interviews beginnt mit dem Satz: “Die Auseinandersetzung um Urheberrechte ist ein Streit unterschiedlicher Interessen: von Urhebern und Nutzern.”
Nein, ist sie nicht. Die Auseinandersetzung um Urheberrechte ist ein Streit unterschiedlicher Interessen: von Urhebern, Nutzern und Verwertern. Aber es ist klar, dass das Börsenblatt diese entscheidende Erweiterung nicht vornimmt. Es ist Lobbyorgan der Verlage.
Zypries: “Nein. Ich teile schon Ihre Prämisse nicht.”
Hat sie das wirklich gesagt, um auch die Verwerterinteressen ins Spiel zu bringen, wofür erst in der vergangenen Woche Reto Hilty und Dietmar Harhoff auf der internationalen Urheberrechtskonferenz des BMJ nahezu unermüdlich geworben haben, um die Debatte auf eine relitätsnähere Basis zu stellen? Schön wär’s. Zypries hat’s gesagt, aber als Antwort auf die Frage “Ist die Verharmlosung von Urheberrechtsmissbrauch im Internet auch Resultat von Versäumnissen des Gesetzgebers?”
Immerhin. Und sie hat sich wieder einmal gegen ein Olivennes-Modell für Deutschland ausgesprochen:
Ich weiß, dass sich Verleger eine ähnliche Lösung wünschen, wie sie in Frankreich geplant ist. Die französische Regierung hat sich mit dem »Accord Olivennes« verpflichtet, eine Behörde zu schaffen, die bei Urheberrechtsverletzungen im Internet Warnhinweise an die Verletzer versendet und bei wiederholten Rechtsverletzungen den Internetzugang zeitweilig sperrt. Dieses Modell kann nach meiner Überzeugung weder Vorbild für Deutschland noch gar für ganz Europa sein, weil es erheblichen verfassungs- und datenschutzrechtlichen Bedenken begegnet. So sollen Daten über den Telekommunikationsverkehr zum Versenden von Warnhinweisen genutzt und zur Feststellung eines Wiederholungsfalles gespeichert werden.
Abgesehen davon, dass dies ein erheblicher Eingriff in Grundrechte wäre, für den es eines Gesetzes bedürfte, meine ich, dass dieses Modell bei der deutschen Zivilgesellschaft nicht durchsetzbar wäre. Wir werden aber über die Herausforderungen, die das Internet dem Gesetzgeber stellt, neu nachdenken müssen. Wir müssen prüfen, wie wir den für das »wirkliche Leben« geltenden rechtlichen Regeln auch im Internet größere Wirksamkeit verleihen und inwieweit der geltende Rechtsrahmen in Bezug auf das Internet weiterhin sinnvoll ist. Möglicherweise kommen wir dabei zu dem Ergebnis, dass eine andere, stärkere Regulierung stattfinden muss.
Was sagen Sie dazu?