Vorerst kein Ausbau der digitalen Lokalangebote bei der BBC
Am Freitag haben der BBC Trust und die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom einen Antrag der BBC zur Genehmigung neuer Mittel für den Ausbau lokal ausgerichteter Online-Informationsangebote abgelehnt, berichtet die New York Times.
Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten scheinen nicht nur in Deutschland einen starken Expansionsdrang in digitale Gefilde zu verspüren. Die britische BBC, deren Jahresetat bei rund 3,6 Milliarden Euro liegt, wollte rund 80 Millionen Euro in den Ausbau von lokal ausgerichteten Informationsangeboten im Internet investieren. Damit sollten 400 neue Stellen für Online-Reporter geschaffen werden, die dutzende lokaler BBC-Websites mit Video-Nachrichten und -Berichten versorgen sollten.
Die zuständigen Aufsichtsbehörden, der im vergangenen Jahr neu geschaffene BBC Trust und die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom waren von dieser Vorstellung aber nicht zu überzeugen. Sie lehnten die Budgetwünsche der BBC am vergangenen Freitag laut einem Bericht in der New York Times ab.
Die privaten Konkurrenten wird die Schlappe der BBC freuen. Sie hatten sich in der Vergangenheit immer wieder über die unfairen Wettbewerbsbedingungen beklagt, denen sie sich angesichts des Milliardenetats der BBC ausgesetzt sehen.
Ross Biggam, Brüsseler Lobbyist für kommerzielle Sender, kommentierte die Entscheidung gegenüber der New York Times erfreut: “Insoweit kommerzielle Sender, aber auch Verleger und andere Medieneigentümer nach größerer Gewissheit Ausschau gehalten haben, dass diese Art der Aufsicht funktionieren kann, darf das als ein sehr positiver Schritt gelten.”
Die Entscheidung des BBC Trusts und des Ofcom dürfte europaweit Beachtung finden. In praktisch allen EU-Staaten mit großen, öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten finden ähnliche Auseinandersetzungen um die Eroberung des Internets mit Online-Angeboten statt. Im Zentrum der Auseinandersetzungen steht der Verteilungskampf um die Einnahmen aus dem lukrativen Online-Werbegeschäft. Die EU-Kommission beobachtet die Entwicklungen kritisch und ist bereit, gegen eine zu offensichtliche Bevorzugung öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten vorzugehen.
Die Öffentlich-Rechtlichen, die mit ihren Fernseh- und Rundfunkangeboten gerade in den jüngeren Zielgruppen immer weniger Zuspruch finden, erhoffen sich von einem aggressiven Ausbau ihrer Online-Angebote, wieder mehr Kontakt zu den Internet-affinen Generationen zu finden – und diesen via Werbung in bare Münze umzusetzen. Dafür wollen sie mehr Mittel aus den Rundfunk- und Fernsehgebühren einsetzen und zum Teil sogar die Gebühren erhöhen. Verständlicherweise ist die private Konkurrenz, die ihre Investitionen aus Werbeeinnahmen refinanzieren muss, strikt dagegen.
In Deutschland ist dieser Streit in den vergangenen Wochen in den Auseinandersetzungen um die Neufassung des Rundfunkstaatsvertrages kulminiert. ARD und ZDF wollen mit einem Teil der Einnahmen aus den GEZ-Gebühren ihre Internetangebote ausbauen. Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll die entsprechenden Rahmenbedingungen dafür festlegen. Die privaten Medienunternehmen befürchten Millionenverluste bei den Werbeeinnahmen, wenn ARD und ZDF in Zukunft im Internet ein umfangreiches Angebot an digitalen Spartenkanälen offerieren. Das sei, so Tobias Schmid, Vizepräsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), ein “Frontalangriff auf die Kernbereiche des kommerziellen Fernsehens bei gleichzeitiger Preisgabe der eigentlichen öffentlichen Aufgaben”.
Die privaten Anbieter fordern, dass alle Expansionspläne der Öffentlich-Rechtlichen in Zukunft einem so genannten Drei-Stufen-Test unterzogen werden sollten, um Wettbewerbsverhinderungen mit Hilfe öffentlicher Subventionen auszuschließen. Die Öffentlich-Rechtlichen hingegen sehen ihre Pläne durch ihren Informationsauftrag gedeckt.
5 Kommentare
1 Matthias am 24. November, 2008 um 18:31
“Die Öffentlich-Rechtlichen, die mit ihren Fernseh- und Rundfunkangeboten gerade in den jüngeren Zielgruppen immer weniger Zuspruch finden, erhoffen sich von einem aggressiven Ausbau ihrer Online-Angebote, wieder mehr Kontakt zu den Internet-affinen Generationen zu finden – und diesen via Werbung in bare Münze umzusetzen. Dafür wollen sie mehr Mittel aus den Rundfunk- und Fernsehgebühren einsetzen und zum Teil sogar die Gebühren erhöhen. Verständlicherweise ist die private Konkurrenz, die ihre Investitionen aus Werbeeinnahmen refinanzieren muss, strikt dagegen.”
Das ist ziemlicher Mumpitz, unreflektiert von den Lobbyisten der ach so armen Verlage übernommen. Zum einen werden die Öffentlich-Rechtlichen kritisiert, egal, was sie machen: wenn sie die Online-Angebote nicht ausbauen, sind sie ewig-gestrig, wenn sie es tun, bedrohen sie aggressiv die Verlage.
Zum zweiten ist es völlig unverständlich, warum die Inhalte, die wir von unseren (viel gescholtenen) Rundfunkgebühren bezahlen, nicht im Internet abrufen können sollen. Sie sind Allgemeingut.
Zum dritten kann man es ja gar nicht oft genug sagen, damit es endlich einsickert: Die Öffentlich-Rechtlichen werben nicht in ihren Online-Angeboten. Das dürfen sie nicht. Übrigens: Die Öffentlich-Rechtlichen werben nicht in ihren Online-Angeboten. Das dürfen sie nicht. Ahc ja, bevor ich es vergesse: Die Öffentlich-Rechtlichen werben nicht in ihren Online-Angeboten. Das dürfen sie nicht.
Die ditgitalen Spartenkanäle werden nicht im Internet angeboten, sondern über Kabel und DVB-T.
Der Staatsvertrag ist längst verabschiedet, und der Drei-Stufen-Test somit auch.
Tut mir leid, Kollege, aber dieser Beitrag ist keine Glanzleistung. Acht Absätze lang uninformierte Kritik der Ö-Rechtlichen, dann mit einem “Die Öffentlich-Rechtlichen hingegen sehen ihre Pläne durch ihren Informationsauftrag gedeckt” schließen – das taugt nicht und hätte so aus der Fede der Verlegerverbände oder des VPRT stammen können. Und wenn die etwas nicht sind, dann unabhängig.
2 Robert A. Gehring am 24. November, 2008 um 19:05
Matthias, ganz offensichtlich haben wir in dieser Frage unterschiedliche Ansichten. (Und meine Meinung bilde ich mir durchaus eigenständig, dafür brauche ich keine Hilfe vom VPRT oder sonstwem ;-)
3 Thomas am 27. November, 2008 um 15:43
Ich wäre ja eher dafür den privat-kommerziellen Rundfunk abzuschaffen.
Aber ich glaube ja, dass die privaten Rundfunkverunstalter nur neidisch sind, weil die Websites der Öffentlich-rechtlichen wenigstens benutzbar sind.
4 Robert A. Gehring am 11. Dezember, 2008 um 12:58
Der 11. Rundfunkänderungsstaatsvertrag – das Wortungetüm muß man sich mal auf der Zunge zergehen lassen – kann zum 1.1.2009 in Kraft treten. Wie der Heise Newsticker vermeldet, haben die letzten beiden Länderparlamente die notwendige Ratifizierung vorgenommen. Im Paket: eine Erhöhung der Rundfunkgebühren.
5 Robert A. Gehring am 19. Dezember, 2008 um 11:00
Der 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag – das ist der, auf den in meinem ursprünglicher Blogeintrag Bezug genommen wird – ist von den Ministerpräsidenten der Länder gestern unterzeichnet worden. Das meldet der Heise Newsticker.
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