Abschlussrunde der Tagung Kreative Arbeit und Urheberrecht (So 13.00 Uhr)
Zum Abschluss versammelten sich alle noch anwesenden TeilnehmerInnen der Tagung zu einem gemeinsamen Gespräch auf der Bühne. Valie Djordjevic, Volker Grassmuck und Philipp Otto gaben eine knappe Zusammenfassung der Diskussionen der zweieinhalb zurückliegenden Tage.
Inke Arns resümierte, dass ihrer Ansicht nach Formen der Zusammenarbeit neu durchdacht und definiert werden müssen. Es müsse ein neues Vertragsverhältnis geschaffen werden zwischen denjenigen, die Werke schaffen und denen, die sie nutzen. Paradox sei, das Kontrolle wegen der Digitalisierung einerseits nicht mehr möglich sei, andererseits aber immer schärfer werde, immer stärker regulierend eingreifen könne. Ihre Frage: „Muss ich für alles, was ich in meinen Werken nutze, immer erst eine Erlaubnis haben?“
Volker Grassmuck äußerte die Einschätzung, dass es eine breite gesellschaftliche Diskussion brauche, die die Tagung aber nicht geschaffen habe. „Wie schaffen wir eine Diskussion, die nicht immer nur reagiert, sondern auch agiert“, fragte er die Anwesenden.
Alexandra Manskes Antwort war, dass sie ihre Studie zu Arbeitsverhältnissen im Berliner Senat gestreut habe, und sie auch dort wahrgenommen werde. Das sei ihre Möglichkeit, Einfluss auf die Debatte zu nehmen.
Ilja Braun ergänzte, dass man mit Journalisten und Politikern ins Gespräch kommen müsse, die ja auch nicht immer nur Betonköpfe seien, sondern bisweilen durchaus interessiert an den Problemen der Freiberufler.
Christoph Irrgang berichtete, dass unterschiedliche Interessenvertretungen bereits bestehen, auch neben den Gewerkschaften. Fotografen etwa haben sich organisiert bei Freelens. Es sei der richtige Weg, neue Verbände zu gründen oder bestehenden beizutreten, um seinen Forderungen gemeinsam Nachdruck zu verleihen.
Martin Kretschmer beschrieb es als „erfrischend“, wie konkret die Beispiele seien, die Tagung und Ausstellung geschaffen und gezeigt haben. Einen Erkenntnisgewinn habe es daher in jedem Fall gegeben. Die Frage sei aber, wie man den Erkenntnisgewinn transportiere. Man könne sehen, wie Künstler arbeiten, wie sie leben. Aber „Wir verstehen jetzt besser, was das Urheberrecht ist. Die Beispiele werden bleiben, sie werden aufgegriffen werden. Das war die Strategie der Tagung, und darin war sie sehr erfolgreich.“
Manuela Zechner: „Man muss die Debatte in die Universitäten transportieren, vor allem auch in die Kunstfakultäten.“
Cornelia Sollfrank bedauerte, dass im Projekt Arbeit2.0 die Branche bildende Kunst nicht portraitiert wird. Das Geniemodell des Künstlers sei sehr wichtig in der Debatte, es sollte daher analysiert werden, woher es kommt, wie es besetzt wird. Zwar befänden wir uns immer noch in einem Kapitalismus, aber eben nicht mehr in einem Industriekapitalismus. Das erkläre auch, warum Gewerkschaften zahnlos geworden seien. Sie arbeiteten mit Begriffen, die nicht mehr funktionieren. „Wir haben jetzt andere Produktionsweisen, nicht nur für Kreative, auch in der Gesamtgesellschaft. Wir können das nur verstehen, wenn wir uns in diesem Szenario einordnen. Wir müssen versuchen zu verstehen, warum wir unter so schrecklichen Bedingungen arbeiten, um dann widerständig werden zu können.“ Außerdem müsse man sich verdeutlichen, warum Urheberrecht überhaupt ein Thema ist: Deshalb, weil der neue Kapitalismus essenziell darauf beruhe. Die Verwertungsgesellschaften hätten ein ähnliches Problem wie die Gewerkschaften. Aber: „Wir sitzen im selben Boot. Mein Wunsch an die Verwertungsgesellschaften ist, dass sie versuchen zu verstehen, dass es nicht mehr reicht zu fordern, dass der kleine Autor muss kompensiert wird. Erst, wenn man versteht, was sich geändert hat, dann kann man darauf reagieren. Wir kritisieren das Urheberrecht nicht, weil wir gegen die Verwertungsgesellschaften sind, sondern wir kritisieren das Urheberrecht, weil es nicht mehr den Kreativen, den Urhebern dient.“
Volker Grassmuck erwiderte, dass die Annäherung an die neue Form des Kapitalismus im Arbeit2.0-Projekt durchaus geleistet werden solle.
Alexandra Manske kritisierte, dass eine Einordnung der Relevanz, was kreative Arbeit mit Urheberrecht zu tun hat, gefehlt habe: „Mir hätte es geholfen, zu Beginn über empirische Grundlagen informiert zu werden.“
Frank Dostal räumte ein, dass es ein Fehler gewesen sei, sich in der Diskussion am Samstagabend geärgert zu haben. Dostal: „Was können wir tun? Ich bin naiv oder alt genug zu glauben, dass Solidarität Vorteile bringt. Ich mache seit einigen Jahren in Gremien der GEMA mit. Das ist ein Riesen-Kahn, Veränderungen dauern unheimlich lange, aber sie finden statt. Wenn es nach mir gegangen wäre, wären die Verträge mit YouTube und MySpace schneller gegangen. Die Frage, wir das Geld verwendet wird, sind ganz andere als vor Jahren, als es hieß: wendet Euch an die Plattenfirmen, die haben uns die Rechte übertragen. Ich bin der Ansicht, dass es keine bessere Interessenvertretung für Musiker gibt als die GEMA, und ich würde mich freuen, wenn dort mitgearbeitet würde.“
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