Arbeit 2.0 – Tagung: Eröffnung und kontroverse Statements zum Urheberrecht (Fr 26.9. 11:30)
Unsere Tagung Kreative Arbeit und Urheberrecht hat heute vormittag begonnen. Nach ersten Begrüßungsworten von Volker Grassmuck (iRights.info), Inke Arns (HMKV) und Udo Mager (Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Dortmund) stand vor ca. 80 Personen dann auch schon der erste inhaltliche Block auf dem Programm: “Urheberrecht – Segen oder Fluch der Kreativen”.
Es ging dabei um die Frage: Brauchen Kreative überhaupt ein Urheberrecht? und wenn ja, wie soll dieses dann aussehen? Die vier Referenten, allesamt selbst zumindest Teilzeit-Urheber, stehen auf den ersten Blick scheinbar alle im selben Lager. Die Sichtweisen auf das Urheberrecht sind gleichwohl völlig verschieden und kontrovers.
Wolfgang Schimmel, Anwalt und Verdi-Sekretär im Fachbereich Medien, Kunst und Industrie, warb zunächst für ein starkes Urheberrecht. Dieses sei notwendig, um die wirtschaftlichen und ideellen Interessen der Urheber zu garantieren. Grundsätzlich habe das Urheberrecht dabei zwei zentrale Aufgaben: Einerseits soll es den Schutz der eigenen schöpferischen Arbeit gewährleisten. Auf der anderen Seite dürfe es jedoch auch keine neue Kreativität verhindern. Der Urheber als Rohstofflieferant könne dabei jedoch beispielsweise Creative-Commons-Lizenzen realistischerweise nur einsetzen, wenn er nicht auf die Einkommen aus der urheberrechtlichen Vergütung angewiesen sei. Selbst wenn bei einem Urheber lediglich 10 Prozent der Gesamteinnahmen verbleiben, so diene das Urheberrecht trotzdem dazu, den Lebensunterhalt zu sichern. Ein starkes Urheberrecht sei deswegen wichtig.
Im Anschluss daran plädierte Ilja Braun, freier Journalist und Übersetzer von Literatur, ebenfalls für ein starkes Urheberrecht. Allerdings für ein Urheberrecht, das den Urhebern nützt. Wichtigster Punkt: Urhebern brauchen möglichst viel Macht gegenüber ihren Verwertern. Bislang ist es so, dass journalistische Urheber durch Total-Buyout-Verträge nahezu sämtliche denkbaren Rechte an ihren Werken abtreten müssen. Eine zusätzliche Vergütung gibt es dabei zumeist nicht. Wer sich weigere diese Verträge zu unterschreiben um sich nicht lediglich mit dem Zeilenhonorar abspeisen zu lassen, könne in der Regel in der Zukunft dann für das entsprechende Medium nicht mehr arbeiten. Dies betrifft gerade auch große deutsche Tageszeitungen.
Folglich müsse die Macht der Verwerter gebrochen werden. Dies sei zwar illusorisch, doch Schritte in diese Richtung beispielsweise durch die Stärkung des Bewusstsein der Urheber und die Schaffung von mehr Sensibilität für diese Probleme, würden helfen. Im Beitrag von Braun wurde mehr als offensichtlich, dass es gar nicht um eine Auseinandersetzung zwischen den Urhebern und den Nutzern beispielsweise unter dem Kampfbegriff Piraterie geht, sondern vielmehr um einen Interessenkonflikt zwischen Urhebern und den allmächtigen Verwertern.
Weniger als Urheber, sondern mehr als Mittler des Zugangs zu Informationen sieht sich dagegen Paul Keller, Projektleiter Creative-Commons (CC) Niederlande. CC-Lizenzen sind zwingend auf die Existenz des Urheberrechts angewiesen, sie stellen dabei quasi einen “Hack des Urheberrechts” dar. Keller betonte in seinem Statement, dass der öffentliche Zugang zu Werken gewährleistet sein muss. Es gehe deswegen darum, dass Urheberrecht soweit wie möglich zurückzudrängen. Das Allgemeininteresse überwiege dabei das Interesse der Urheber.
Die Zukunft des Urheberrechts liege immer weniger in der Auseinandersetzung um Kopien, sondern vielmehr in der Frage, wie und unter welchen Umständen das Werk öffentlich zugänglich gemacht werden kann. Oftmals existiert dabei das Missverständnis, dass das Urheberrecht zwischen kommerziell und nicht kommerziell unterscheide. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall. Unterschieden wird vielmehr zwischen öffentlicher und privater Nutzung.
Das vierte und letzte Statement kam von Christian von Borries, Dirigent, Komponist und Produzent aus Berlin. Dieser wurde gleich sehr deutlich: Das Urheberrecht muss abgeschafft werden. Denn: Kreativität braucht kein Urheberrecht. Dadurch würde sich der Markt der Kreativität normalisieren und vielen unbekannteren Künstlern die Möglichkeit gegeben, ihre Werke bekannt zu machen. Die Kulturindustrie verhindere aktuell genau dies, da durch die Marketingstrategie der vier Major-Lables unbekanntere Künstler und Kreative keine Chance hätten. Deswegen geht es um das Ziel, den Machtverlust der Kulturindustrie voran zu treiben. Zudem entfalle nach einer Abschaffung des Urheberrechts der ständige Ruf nach rechtlichen Regelungen und der Justiz.
Vier Kreativschaffende und vier völlig unterschiedliche Meinungen zur Bedeutung des Urheberrechts. Die Eingangsstatements zeigen, wie kontrovers das Urheberrecht diskutiert und bewertet wird. Die Veranstaltung wurde moderiert von Till Kreutzer, Redakteur von iRights.info sowie ein attraktiver und charmanter Zeitgenosse. Im Laufe der Tagung werden viele der angesprochenen Aspekte und Positionen wieder aufgegriffen und diskutiert. Alle Statements werden so bald wie möglich auch als Video bei iRights.info zu sehen sein.
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