Kartellentscheidung der EU-Kommission: Verwertungsgesellschaften verlieren Monopolstellung
Die EU-Kommission hat heute auf Vorschlag von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes den europäischen Verwertungsgesellschaften bestimmte wettbewerbsverzerrende Praktiken untersagt. Das nationale Monopol der Verwertungsgesellschaften wird gebrochen.
Mit einer Kartellentscheidung hat die EU-Kommission heute zwischen den Verwertungsgesellschaften verschiedener Länder bestehende Vereinbarungen zur ausschließlich nationalen Wahrnehmung von Rechten für illegal erklärt. Absprachen, die Dienstleistungen von Verwertungsgesellschaften auf den nationalen Rahmen beschränken, verstoßen nach Auffassung der Kommission gegen die Artikel 81 des EG-Vertrages und Artikel 53 des EWR-Abkommens. Die Verwertungsgesellschaften müssen ihre wettbewerbswidrigen Praktiken ab sofort einstellen. Das bedeutet, dass Musiker ihre Urheberrechte nicht mehr nur an eine nationale Verwertungsgesellschaft übertragen können. Die vertraglichen Gebietsbeschränkungen, die den nationalen Verwertungsgesellschaften im Rahmen des internationalen Dachverbands der Verwertungsgesellschaften CISAC (via Wikipedia) eine Monopolstellung garantierten, werden aufgehoben. Proteste von Verwertungsgesellschaften und Künstlern, die im Vorfeld der erwarteten Kartellentscheidung gegen eine Aufhebung der Gebietsmonopole mobil gemacht hatten, fanden kein Gehör.
In Zukunft herrscht unter den Verwertungsgesellschaften also Wettbewerb und Urheber und Rechteinhaber haben die Qual der Wahl, welche Gesellschaft sie mit der Wahrnehmung ihrer Interessen betrauen. Dazu erklärte Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes: “Diese Entscheidung wird sich positiv auf die kulturelle Vielfalt auswirken und Anreize für die Verwertungsgesellschaften schaffen, Komponisten und Textern bessere Konditionen im Hinblick auf die ihnen zustehenden Tantiemen zu bieten. Mit der Entscheidung wird außerdem ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Übertragung per Satellit, Kabel und Internet geleistet, die Endnutzern ein größeres Angebot und Urhebern potenzielle Zusatzeinnahmen bietet. Die Kommission hat jedoch dafür gesorgt, dass die Vorteile der kollektiven Verwaltung von Rechten nicht in Frage gestellt und dadurch etwa die Höhe der Tantiemen oder der Umfang des verfügbaren Musikrepertoires gefährdet werden.”
Von der Möglichkeit, gegen die CISAC eine Geldbuße wegen wettbewerbsschädigenden Verhaltens zu verhängen, machte die Kommission keinen Gebrauch. Die Untersuchung des Verhaltens der Verwertungsgesellschaften war durch eine Wettbewerbsbeschwerde von RTL und dem britischen Online-Musikhändler Music Choice in Gang gebracht worden.
1 Kommentar
1 Holger Schwetter am 18. Juli, 2008 um 10:28
Das ist endlich mal eine gute Nachricht. Vielleicht bekomme ich dann Zugang zu einer Verwertungsgesellschaft, die creative commons Lizenzen vertritt und deren Nutzung abrechnet. Um cc veröffentlichen zu können, bin ich aus der GEMA ausgetreten und habe deshalb keinen Zugang zur Abrechnung von airplay etc. Es wäre schön wenn sich da mal was bewegt.
Was sagen Sie dazu?