Anti-„Piraterie“-Spezialist Mediadefender sabotiert anscheinend US-Internet-TV-Sender
Am vergangenen Wochenende hat die im Auftrag der US-Film- und Tonträger-Industrie arbeitende Firma Mediadefender die Server des US-Internet-TV-Senders Revision3 durch einen Denial-of-Service-Angriff zum Absturz gebracht. Die genauen Hintergründe der Tat sind noch unklar, das FBI hat Ermittlungen aufgenommen.
Revision3 ist ein Internet-TV-Sender, der sein Publikum mit Shows aus unterschiedlichen Genres unterhält. Die Serien heißen zum Beispiel „Scam School“, „The Digg Reel“ oder „Systm“. Die Rechte zur Verbreitung der Sendungen liegen bei Revision3. Zur Verbreitung der Sendungen setzt Revision3 unter anderem einen eigenen BitTorrent-Tracker ein, über den die Zuschauer völlig legal Zugriff auf die Videos bekommen.
Am vergangenen Wochenende – in den USA ein langes Wochenende mit einem Feiertag – brachen die Revision3-Server unter der Last eines Denial-of-Service-Angriffs (SYN-Flood-Angriff) zusammen. Die Server von Revision3 wurden dabei mit bis zu 8000 Datenpaketen pro Sekunde attackiert, was ihre Abwehr zum Erliegen brachte.
Betroffen waren nicht nur die Server auf denen der BitTorrent-Tracker lief und von denen die Videos ausgeliefert wurden, auch der interne E-Mail-Server ging in die Knie. Die Revision3-Techniker haben mehrere Tage gebraucht, um das System zu stabilisieren und den regulären Sendebetrieb wieder aufzunehmen. Bei der Suche nach dem Urheber des Denial-of-Service-Angriffs stießen die Techniker auf die Firma Artistdirect. Artistdirect ist selbst im Internet-Mediengeschäft tätig und vertreibt unter anderem Musik und Videos.
Der Provider von Artistdirect teilte den Revision3-Technikern auf Anfrage mit, dass die Datenpakete von dem Artistdirect-Tochterunternehmen Mediadefender stammten. Mediadefender betätigt sich nach eigener Aussage als Anti-“Piraterie”-Kämpfer im Auftrag „jedes großen Tonträgerherstellers, Filmstudios, Computerspiele-Verlages, Softwareverlages und Comic-Verlages“.
Die Revision3-Fachleute kontaktierten Mediadefender, um herauszufinden, was es mit dem Denial-of-Service-Angriff auf sich hatte. Ben Grodsky von Mediadefender gab zu, den fehlerhaft konfigurierten BitTorrent über mehrere Monate hinweg benutzt zu haben, um Torrents einzuschleusen. Zugleich bestritt Grodsky, dass Mediadefender am vergangenen Wochenende einen Denial-of-Service-Angriff gegen Revision3 durchgeführt habe. Zwar seien SYN-Pakete an die Revision3-Server gesendet worden, aber lediglich in geringer Anzahl und keinesfalls 8000 pro Sekunde, wie in den Log-Dateien von Revision3 verzeichnet. Grodsky: „Mediadefender hat nichts speziell gegen Revision3 unternommen…Wir haben nichts getan, um den Traffic zu erhöhen.“ Grodsky äußerte gegenüber Jim Louderback die Vermutung, dass die Beseitigung der Fehlkonfiguration des BitTorrent-Trackers bei Revision3 zu einem Paketstau geführt haben könnte.
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist unklar, welche Rolle genau Mediadefender beim Zusammenbruch der Revision3-Server gespielt hat. Nach Aussage von Louderback hat das FBI in der Angelegenheit die Ermittlungen übernommen. Computersabotage ist in den USA wie in vielen anderen Ländern eine Straftat. Sollte die Verantwortung für den Denial-of-Service-Angriff tatsächlich bei Mediadefender liegen, muss das Unternehmen nicht nur mit hohen Schadensersatzforderungen von Revision3 sondern auch mit Strafverfahren gegen die Verantwortlichen Mediadefender-Mitarbeiter rechnen. Gegen die Mediadefender-Mutter Artistdirect könnte darüber hinaus ein Verfahren wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens eingeleitet werden, da Artistdirect ebenso wie Revision3 im Internet-Mediengeschäft tätig ist.
Bereits im vergangenen Jahr waren fragwürdige Aktivitäten von Mediadefender ans Licht der Öffentlichkeit gelangt, als die Website Mediadefender-Defenders.com mehr als 700 MByte interne E-Mails von Mediadefender im Internet veröffentlichte.
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