Geschichte: Kanadas erstes Copyright-Gesetz (1832)
In der aktuellen Ausgabe des kanadischen Lawyers Weekly (Vo. 28, No. 1, May 2, 2008) gibt es einen hochinteressanten Artikel zur Geschichte des ersten kanadischen Copyright-Gesetzes.
Anfang des 19. Jahrhundert war Kanada kein eigener Staat sondern ein mehr oder weniger enger Verbund von Kolonien und Territorien mit Anbindung an das britische Königreich (mehr Details bei Wikipedia).
Die Ausbildung vieler Kolonisten war schlecht, ihre Lebensverhältnissen waren ärmlich. Die Kinder der Kolonisten und ihre Lehrer sahen sich in der Schule mit einer Knappheit an brauchbaren Schulbüchern konfrontiert. Die Lehrer wandten sich mit einer Petition an das Parlament und baten um Subventionen für den Druck von Schulbüchern. Einer der Petitionäre war William Morris, Oberaufseher der Schulen der britischen und kanadischen Schulen in Quebec. Er erklärte:
“Ich lege dem Kommitee eine Abhandlung über Arithmetik und angewandte Geometrie vor…Das Bedürfnis nach gedruckten Kopien hat mich davon abgehalten, es überhaupt zu verwenden. Ich bin der Meinung, daß wenn mein Werk gedruckt und genutzt würde, Kinder die darin beschriebenen Grundsätze binnen Jahresfrist erlernen könnten. Ich habe es nicht gewagt, das Buch drucken zu lassen. [Der Drucker] wollte es nicht ohne eine hohe Zahlung meinerseits drucken, die ich mir nicht leisten konnte.”
Das mit der Petition angesprochene Kommitee für Bildung und Schulen schlug daraufhin vor, die Druckkosten zu subventionieren und im Gegenzug einen festen Preis für jedes Druckexemplar vorzuschreiben. Der Preis sollte niedrig genug sein, daß sich alle den Erwerb würden leisten können. Darüber hinaus schlug der Kommitee-Vorsitzende John Neilson, Verleger und Politiker, die Einführung eines Copyright-Gesetzes vor. 1832 schließlich war es soweit, daß in Niederkanada ein Copyright-Gesetz erlassen wurde, aus dem 1841 das erste Copyright-Gesetz für die Provinz Kanada hervorging.
Die Autorin des Beitrages in Lawyers Weekly, Myra Tawfik, weist ausdrücklich darauf hin, daß das Coypright-Gesetz erlassen wurde, um den Bedürfnissen der Nutzer von geschützten Werken zu genügen:
“Zu einer Zeit, als Analphabetismus ein Massenphänomen und Armut weit verbreitet war, war das Copyright das Mittel der Wahl, um Wissensvermittlung und Lernen zu fördern. Dem Copyright wurde eine doppelte Funktion zugewiesen — auf der einen Seite die Produktion von Schulbüchern zu stimulieren und auf der anderen Seite für bezahlbare Bücher zu sorgen.”
Tawfik verweist ebenfalls darauf, daß das oberste kanadische Gericht, der Supreme Court of Canada, in verschiedenen aktuellen Urteilen auf diese duale Natur des Copyrights Bezug genommen und betont hat, daß “das Copyright-Gesetz die Rechte von Kreativen und Nutzern gleichermaßen in eine Balance zu bringen habe”.
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