Beijing 11022008
Die Chinesen chinesifizieren die Originale, sie kopieren sie nicht, schrieb Gian Trepp zu meinem letzten Blog-Eintrag. So ist es: Jetzt, wo die Olympia-Propaganda nicht mehr aus dem Stadtbild wegzudenken ist, macht ein Merchandising Shop nach dem anderen auf, mit “Official Licensed Products”. Ist das nicht genau die Formulierung, die jedes Fakes auszeichnet? Garantiert echt?
Wer das schreiben muss hat ein Problem, und es sieht auch so aus: das Zeug will niemand haben, zurecht. Stattdessen fand ich, auf der Suche nach einer typischen Kulturpraxis, dieses Beispiel: Das Olympiastadion, gebaut, wie es im Westen heisst, von den Basler Architekten Herzog de Meuron, die aber, da ist sie wieder die chinesische Variante des Kapitalismus, den Entwurf zwar ablieferten, auch beim Spatenstich zwar noch anwesend, aber nichteinmal mehr symbolisch schippen durften.
Dann spielt noch Ai Weiwei, der 1000-Chinesen-Documentakünstler eine undurchsichtige Rolle, denn er distanziert sich von seiner angeblichen Mitarbeit am “Vogelnest”-Entwurf, das beim näheren Hinsehen jetzt aussieht wie eine endlos vergrößerte Porsche – Felge: verchromte Speichen und dahinter riesige rot lackierte Bremsbacken. Vermutlich fahren sie den in Basel.
Ai Weiwei, der Pate des Beijinger Kunstbetriebs, baut hier jedem Galleristen mit cash Raumfluchten aus Backstein, die wiederum von schlauen Developern kopiert werden. Art sieht wie Ei Weiwei aus, auch das Museum eines Eierkönigs aus der Mongolei, der sich seine Riesenkiste in die Pampa bauen liess, ein Berliner Gallerist ist Kurator, das glaubt kein Mensch – Asian Fine Arts. Zurück zum Vogelnest. In einer der vielen kostenlos ausliegenden Hochglanzmagazine, die hinter dem Geld der orientierungslosen Neureichen her sind, eine Schmuckanzeige, das Vogelnest als Goldring mit Brillianten, officialy licensed oder nicht, mir gefällt der Vorgang, das Schmuckstück eher Sarkosy.
Diesmal zur Erklärung Max Weber, dessen Wirtschaftethik der Weltreligionen den Konfuzianismus und Taoismus Chinas auf den Punkt bringt. Das Gute daran, Max Weber war nie hier, er schöpft aus Reiseberichten. Das ermöglicht den kalten Blick des Chirurgen, ohne Vorurteile. Besser kann mans nicht sagen. “Die grenzenlose Geduld und beherrschte Höflichkeit, die Zähigkeit des Haftens am Gewohnten, die absolute Unempfindlichkeit gegen Monotonie und die pausenlose Arbeitsfähigkeit, die Langsamkeit der Reaktion auf ungewohnte Reize, speziell auch in der intellektuellen Sphäre: dies alles scheint eine in sich gut und verständlich zusammenhängende Einheit darzustellen.
Aber sonst stehen scheinbar grelle Kontraste gegeneinander. Die außerordentliche, das übliche Mass übersteigende, als unausrottbares Misstrauen sich äußernde Scheu vor allem nicht Bekannten und direkt zu Durchschauenden, die Ablehnung oder der Mangel an Bedürfnis nach Kenntnis alles nicht direkt handgreiflich Naheliegenden und Nützlichen kontrastieren scheinbar mit der grenzenlos gutmütigen Leichtgläubigkeit für allen noch so phantastischen magischen Schwindel. Ebenso bildet der, wie es scheint, tatsächlich oft starke Mangel echt sympathetischer Mitempfindung auch für die persönlich Nächststehenden einen scheinbaren Gegensatz zu der grossen Zähigkeit des Zusammenhaltes der sozialen Verbände.”
Nächstes Mal Deng Xiaoping, der Architekt des gelben Kapitalismus, wie Gian Trepp sagen würde. Niemand übrigens erklärt Wirtschaftszusammenhänge besser als er in der WOZ: http://www.woz.ch/artikel/2008/nr04/wirtschaft/15887.html Seit heute hier in China das Jahr der Ratte. Also: frohes Jahr der Ratte!
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