OLG München verbietet Usedsoft den Handel mit gebrauchten Oracle-Lizenzen
Wie erwartet, hat das Münchner Oberlandesgericht gestern Oracle im Streit mit Usedsoft Recht gegeben. Der Software-Hersteller hatte sich jahrelang vor Gericht dagegen gewehrt, dass Usedsoft Unternehmen nicht mehr benötigte Oracle-Lizenzen abkauft und weiterverkauft. Oracle hatte sich auf das Urheberrecht berufen, demzufolge allein der Urheber einer Software eine Lizenz zu deren Nutzung erteilen darf. Oracle behält sich dieses Recht in den mit den Unternehmen geschlossenen Nutzungsverträgen zur Software ausdrücklich vor. Ein Verkauf der Lizenz – das heißt eine Weiterlizenzierung durch den Lizenznehmer – sei deshalb unzulässig.
Auch eine Werbung für gebrauchte Lizenzen – Usedsoft warb mit „Oracle Sonderaktion“, „Jetzt begehrte Oracle-Lizenzen sichern“ usw. – sei aus markenrechtlicher Sicht nicht zulässig. Der Usedsoft-Handel mit gebrauchten Oracle-Lizenzen sei deshalb rechtswidrig, argumentierte Oracle. Sowohl das Landgericht München I (Urteil vom 19.1.2006, Aktenzeichen 7 O 23237/05; Urteil vom 15.3.2007) als auch das OLG München (Urteil vom 3.8.2006, Aktenzeichen 6 U 1818/06; Urteil vom 3.7.2008, Aktenzeichen 6 U 2759/07) folgten dieser Argumentation.
Oracle erfreut
In einer Pressemitteilung begrüßte Oracle die Gerichtsentscheidung und betonte: „Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für den Handel mit gebrauchter Software.“ Nach Meinung von Oracle hat das OLG mit seinem Urteil bestätigt,
dass der Vertrieb von “gebrauchten” Einzelplatzlizenzen…und der Vertrieb von “gebrauchten” Lizenzen bei Übergabe eines Originaldatenträgers ebenfalls nicht zulässig sei. Auch bei Einzelplatzlizenzen müsse eine weitere Vervielfältigung der Software auf die Festplatte des Rechners vorgenommen werden, wozu eine Übertragung des Nutzungsrechts erforderlich sei, die gemäß Paragraph 34 Abs. 1 des Urheberrechtsgesetzes nur mit Genehmigung von Oracle erfolgen könne. Nichts anderes gelte für den Vertrieb von Nutzungsrechten unter Übergabe eines Originaldatenträgers (…)
Paragraph 34 Abs. 1 bestimmt, dass „ein Nutzungsrecht…nur mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden“ kann.
Usedsoft will BGH-Entscheidung
Überraschenderweise hat das OLG München eine Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision begründete das OLG mit der klaren und eindeutigen Rechtslage. Usedsoft hat angekündigt, noch in diesem Monat gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde einzulegen. Dazu erklärte Usedsoft-Geschäftsführer Peter Schneider in einer Pressemitteilung unter Verweis auf ein Ende 2007 ergangenes Urteil des Landgerichts München I (Urteil vom 28.11.2007, Aktenzeichen 30 O 8684/07), das den Handel mit gebrauchten Software-Lizenzen für zulässig erklärt:
Das Urteil ist für uns im Grunde nicht mehr von Relevanz, weil wir mit Oracle-Software zur Zeit nicht handeln und wir mit dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts München eine vernünftige Rechtsgrundlage für unser Hauptgeschäft haben. Aber hier geht es auch ums Prinzip: Wir werden es nicht hinnehmen, dass ein deutsches Gericht fundamentale Rechtsgrundsätze dermaßen missachtet. Wir werden vor dem Bundesgerichtshof für einen in vollem Umfang liberalisierten Software-Markt kämpfen.
Kommentar
Die Nichtzulassung der Revision durch das OLG München dürfte bei vielen Fachleuten Kopfschütteln hervorrufen. In dem von Peter Schneider erwähnten Urteil hatte das Landgericht München I zu Gunsten von Usedsoft entschieden, dass der Weiterverkauf von Einzellizenzen aus Microsoft-Volumenlizenzen zulässig ist. Die Bundestagsfraktion der Grünen hatte anlässlich der parlamentarischen Beratung des zweiten Korbs der Urheberrechtsnovelle vor genau einem Jahr in einem Entschließungsantrag auf das Problem der gebrauchten Software-Lizenzen hingewiesen und für einen dritten Korb „eine Regelung des Handels mit gebrauchter Software im Urheberrechtsgesetz“ vorgeschlagen.
Die Rechtslage in der Frage des Handels mit Gebrauchtsoftware ist also keineswegs so klar und eindeutig, wie die Münchner Richter unterstellen. In Anbetracht der Abermillionen, die deutsche Unternehmen jährlich für Software-Lizenzen ausgeben, kann ein wirtschaftliches Interesse am Weiterverkauf solcher Lizenzen – egal in welcher Form sie erworben worden sind – kaum bestritten werden. Auch für jene Endverbraucher, die Software nicht im Laden sondern online erwerben, stellt sich die Frage nach der Zulässigkeit des Weiterverkaufs inklusive Lizenz. Es ist daher dringend notwendig, dass durch ein höchstrichterliches Urteil Rechtssicherheit geschaffen wird.
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