Gericht verbietet Vertrieb von Filesharing-Software
Wer in der Werbung für eine Software ausdrücklich hervorhebt, dass diese zur Vornahme (urheber-)rechtswidriger Handlungen geeignet ist, hat Konsequenzen zu befürchten. Er kann als „Störer“ in Anspruch genommen und verpflichtet werden, die Software nicht mehr entsprechend zu bewerben, rechtswidrige Inhalte herauszufiltern oder – faktisch – diese gar nicht zu vertreiben. So urteilt das Oberlandesgericht (OLG) in seiner Entscheidung vom 8. Februar 2006 und bestätigt damit die vom Landgericht Hamburg in erster Instanz geäußerte Ansicht.
In dem Rechtsstreit ging es um die P2P-Software „Cybersky TV“ und damit zusammenhängende Applikationen. Mittels dieser soll es nach Angaben des Anbieters, der Firma TC Unterhaltungselektronik AG (TCU), möglich sein, Video-Streams – etwa von Fernsehsendungen – mit bis zu 400 bis 600 Kilobit pro Sekunde – also nahezu in Echtzeit – in ein Filesharing-Netz einzuspeisen.
Nicht die Funktionalität des Systems an sich, sondern die eigenen Werbeaussagen sind der TCU nunmehr zum Verhängnis geworden. Denn das Unternehmen hatte nach den Feststellungen des OLG damit geworben, dass mit Cybersky unter anderem Sendungen des Bezahlfernsehsenders Premiere von Nutzern in die Tauschbörse eingestreamt und von anderen kostenlos angesehen werden können. „Wenn das normale TV nichts mehr zu bieten hat, reicht ein Knopfdruck auf die Fernbedienung und ‚kostenloses Pay-TV’ steht bereit“, habe man auf den Webseiten der TCU lesen können.
Nach Ansicht des OLG Hamburg hat das Unternehmen damit ausdrücklich hervorgehoben und damit geworben, dass mit Cybersky urheberrechtswidrige Handlungen möglich sind. Obwohl das Programm noch gar nicht auf dem Markt wäre, seien damit die Voraussetzungen eines „vorbeugenden Unterlassungsanspruchs“ gegeben. Denn TCU und ihr Vorstand seien in Bezug auf etwaige, zukünftige Urheberrechtsverletzungen durch Nutzer von Cybersky als (Mit-)Störer anzusehen. Mit seinen Aussagen habe das Unternehmen „die rechtswidrige Nutzungsmöglichkeit selbst zur Zweckbestimmung der Ware“ gemacht, was eine Verpflichtung der Firma rechtfertige, die Rechte von Premiere durch geeignete Maßnahmen effektiv zu schützen. Denn TCU sei nicht nur aufgrund (möglicher) rechtswidriger Handlungen der Nutzer haftbar zu machen, sondern vielmehr aufgrund des eigenen Verhaltens als Rechtsverletzer anzusehen.
Im Ergebnis verbietet das OLG damit zwar prinzipiell nicht, Cybersky zu entwickeln oder zu verbreiten. TCU wird jedoch aufgegeben dafür zu sorgen, dass die rechtswidrige Verbreitung von Premiere-Sendungen technisch unterbunden wird. Eine solche Verpflichtung sei in diesem Fall zumutbar und angemessen, da das Unternehmen durch seine Werbeaussagen willentlich die Gefahr herbeigeführt habe, dass solche Handlungen vorgenommen werden. Der Vorstand von TCU hatte die Zumutbarkeit technischer Filtermaßnahmen mit dem Argument bestritten, dass solche technisch nicht möglich seien. Das Gericht schenkte dem keinen Glauben, sondern meinte, das Unternehmen hätte beweisen müssen, dass Filtermaßnahmen technisch nicht realisierbar seien. Sollte der Einwand von TCU zutreffen, wäre eine Markteinführung von Cybersky nicht möglich und das Urteil liefe faktisch auf ein Verbot der Software hinaus.
Dabei hebt das Hanseatische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung an mehreren Stellen hervor, dass ein solches Verbot nicht Tenor des gefällten Urteils sei, ebenso, dass man nicht über die Zulässigkeit von Filesharing-Software an sich entschieden habe. In der Urteilsbegründung heißt es: „Der Senat hat im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits nicht in allgemeiner Form über die Zulässigkeit so genannter „Peer-to-Peer“-Netzwerke zu entscheiden. Es mag sein, dass diejenigen Personen […], die – wie der Antragsgegner – die Software beziehungsweise technische Einrichtungen zum Betrieb eines solchen Netzwerks (gegen Entgelt) zur Verfügung stellen, nicht grundsätzlich beziehungsweise in jedem Fall für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich zu machen sind, die unbekannte Nutzer dieser Einrichtungen eigenverantwortlich vornehmen.“
Dass dies angesichts der Auswirkungen der einstweiligen Verfügung im Fall Cybersky zunächst reine Theorie ist, räumt schließlich auch das OLG ein. Der Senat sei sich bewusst, „dass die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung in der gegenwärtigen Fassung praktisch einem vollständigen Vertriebsverbot gleichkommt“, heißt es. Im Ergebnis wird dies jedoch – angesichts der Werbeaussagen von TCU – nicht als unverhältnismäßig angesehen. Somit bleibt es dabei, dass Cybersky nicht angeboten werden darf, „solange diese eine Peer-to-Peer Funktion beinhaltet, mit der entschlüsselte Inhalte von PayTV-Anbietern über das Internet verbreitet und empfangen werden können.“
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