Podiumsdiskussion “Kunst und ihre technische Reproduktion” bei der Tagung Kreative Arbeit und Urheberrecht (Fr 26.9. 17:45)
Zu Beginn der Diskussion „Kunst und ihre technische Reproduktion“ zeigt Cornelia Sollfrank Ausschnitte aus ihrem Video „Das maximal Einmalige und seine Transformation zum Gleichartigen“ über den Kunstfotografen Christoph Irrgang, der ebenfalls Podiumsteilnehmer ist. Es zeigt Irrgang bei seiner Arbeit, Kunstwerke zu fotografieren. Er möchte erreichen, so sagt er im Film, „dass man durch das Foto hindurchschaut und das Objekt selber sieht.“ Eine weitere interessante Einschätzung Irrgangs ist: „In amerikanischen Katalogen sieht die Kunst schöner aus als in der Wirklichkeit – es wird extrem geschönt.“
Irrgang fotografiert freiberuflich für Museen, Ausstellungshäuser, Galerien, Auktionshäuser, aber auch für Künstler selber. Bei jedem Auftraggeber müsse man sich speziell einfühlen in das jeweilige Objekt, erzählt er. Auch er sein von der Vorstellung, dass man über ‚ein Werk – in diesem Fall ein Foto – vollständig verfügt, nicht frei. Sein Geschäftsmodell: „Ich versuche, eher für meine Arbeit als für die Nutzungsrechte bezahlt zu werden. Ich bin großzügig darin, den Auftraggebern Nutzungsrechte einzuräumen. Ich muss dabei differenzieren, ob ich für einen gut situierten Auftraggeber arbeite oder für einen Künstler.“ Die Fotos könne er nicht selbst vermarkten, weil er nicht über die Rechte an den Bildern verfüge, die er fotografiert. Sein Qualitätsanspruch sei sehr hoch, er zeigt einige Bilder der Website Digicult, auf der Museen in Schleswig-Holstein ihre Kunstschätze im Internet präsentieren. Zum Teil in erschreckend schlechter Qualität. „Da wird mit dem Fortschritt argumentiert, aber 100 Jahre technischer Fortschritt in der Fotografie in die Tonne getreten.“
MuseumShop – ein Projekt gegen die “Argumentation neoliberaler Kulturpolitik”?
Cornelia Sollfrank beschreibt ihr Projekt „MuseumShop – wie aus Kunst Content wird“ Für das Märkische Museum Witten (das Museum hatte keine Website, die Werke sind nicht fotografiert, geschweige denn digitalisiert, berichtet sie) hat sie ein Projekt entworfen, bei dem sie fünf Werke aus der Sammlung im ersten Raum klassisch museal präsentiert, allerdings mit großen „Fotografieren verboten“-Schildern und „angeeignet“ mit dem Label „Museum Shop“, das neben allen Bildern angebracht ist. Im zweiten Raum sind die Verträge im Volltext ‚ausgestellt’, die sie mit Museum, Künstlern, Fotografen u.a. schließen musste. Damit soll die Verwertungskette dargestellt werden. In Raum drei wird das Irrgang-Video gezeigt, in Raum vier die Website art-content24.de präsentiert, also die Bildagentur, mit der sie die Bilder verwertet. Sollfrank sagt allerdings, dass das Museum die Werke besitzt, aber nicht die Verwertungsrechte an diesen Werken.
Inspiriert zu diesem Projekt habe sie das Buch „Museum und Urheberrecht im digitalen Zeitalter“ von Gerhard Pfennig, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der Verwertungsgesellschaft Bildkunst, der ebenfalls Podiumsteilnehmer ist. Darin beschreibt Pfennig (in Sollfranks Worten), dass neue Technologien, also vor allem die Digitalisierung, zu neuen Marktchancen führt. Einer seiner Vorschläge: Museumsbestände wirtschaftlich zu nutzen und neue Nutzergruppen zu erschließen. Künstler seien für Museen die „Content-Liferanten“ zu diesem Zweck. Das Urheberrecht solle nicht länger nur ein System sein, das den Zugriff beschränkt und das Budget belastet, sondern auch die Möglichkeit schafft, Einnahmen zu generieren. Das sei, so Sollfrank, eine unreflektierte Übernahme der technischen Machbarkeitsterminologie und -ideologie der IT-Industrie. Außerdem greife Pfennig unkritisch die Argumentation neoliberaler Kulturpolitik auf, die den Rückzug des Staats aus der Verantwortung für die Finanzierung unabhängiger und nicht-marktorientierter Kultur zum Ziel habe. Die zunehmende Privatisierung führe zu einer stärkeren Ökonomisierung von Museen, Kulturförderung keine staatliche Aufgabe mehr.
Pfennig: Künstler können frei entscheiden, wie ihre Rechte verwertet werden dürfen
Gerhard Pfennig weist in seiner Entgegnung darauf hin, dass Künstler das Recht haben zu entscheiden, ob ihre Werke abgebildet werden, ob sie verändert werden etc. Verwertungsgesellschaften (VGs) können Künstlern dabei helfen, die Rechte an ihren Werken wahrzunehmen, sie können sie aber auch selbst wahrnehmen oder sie schleifen lassen; das sei ihre freie Entscheidung. Die meisten Künstler seien in VGs, weil sie nicht in der Lage sind, ihre Rechte wahrzunehmen, etwa bei Veröffentlichungen im Internet.
Von 1965, als die Privatkopieschranke ins Urheberrecht aufgenommen worden sei, bis 2007 habe die VG Bildkunst 270 Millionen Euro eingenommen und verteilt an diejenigen, die Mitglied geworden sind. VGs seien immer wichtiger, weil es immer mehr Nutzungsmöglichkeiten gibt, aber immer mehr Urheber nicht in der Lage sind, sie zu kontrollieren. Bei der Forderung danach, dass alle Künstler ihre Rechte aufgeben, solle man bedenken, dass die großen Rechteinhaber das nicht tun werden, also seien sie am Ende die einzigen, die kassieren.
Die Position der Kreativen sei nicht gut; sie brauchten die VGs, um ihre Rechte zu vertreten. Zwar sei der „Putsch“ abgewendet worden, mit dem die Künstlersozialkasse abgeschafft werde sollte, aber „er wird sicher nicht der letzte gewesen sein”. Gerade die öffentliche Hand habe sich Privilegien besorgt, etwa dass Bilder im Schulunterricht gezeigt werden dürfen, aber die, die dafür zahlen müssten, die Länder, haben sich geweigert. Die VG Bildkunst habe vier Jahre mit der Kultusministerkonferenz gekämpft, um eine Vergütung zu bekommen. Auch Digicult, das als Beispiel verwendet worden sei, sei von der DFG mit Millionen Eure unterstützt worden, habe Computer gekauft und Leute bezahlt, aber die Nutzung der Werke solle kostenlos sein, sonst gibt’s keine Förderung. Aber die VG Bildkunst werde angegriffen, wenn sie fordert, dass das vergütet wird. „Wir machen uns alle unbeliebt, indem wir sagen, wenn es Urheberrechte gibt, dann muss eine Verwertung bezahlt werden.“ Aber das Geld fließe nicht in Limousinen der Verwaltungsratsmitglieder, die Verwaltungskostensätze liegen bei der VG Bildkunst bei 4,6 Prozent.
Frentz: Großer Vorteil für Künstler, in der Verwertungsgesellschaft zu sein
Hanns-Peter Frentz, Leiter des Bildarchivs der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, warf ein, dass es ein großer Vorteil sei, Mitglied der VG zu sein, weil man sonst in den Verwertungsprozess gar nicht einbezogen werde. Er beschreibt den Fall, dass ein Kunstwerk aus Hamburger Bahnhof verwertet werden soll, aber der kanadische Künstler nicht einer VG ist. Also konnten die Rechte nicht geklärt werden und dem Künstler sind Einnahmen entgangen.
Frentz erläutert, wer Bilder nutzen will: Tageszeitungen, Zeitschriften, Buchverlage, Fernsehsender, Werbeagenturen etc. Nun gebe es drei Arten von Bildagenturen: Solche, die „rights managed“ sind – jede Nutzung ist individuell abrechenbar, weil alle Künstler, die vertreten werden, Verträge mit der Agentur haben. Dann so genannte „royalty free“-Agenturen, bei denen man einmal zahl und immer nutzen kann (außer, die Bilder weiter zu verkaufen). In den letzten Jahren sei eine neue Kategorie hinzu gekommen: Micropayment-, die Bilder zu Festpreisen anbieten, also etwa ein Bild 1 Euro / 3 Euro / 7 Euro. Ihr Geschäftsmodell: Wir machen das Bild so billig wie möglich, dann ist Nutzerkreis möglichst groß.
Große Akteure seien Getty Images (ca. 600 Mio. Euro Umsatz), Corbis (gehört Bill Gates, etwa 300 Mio. Euro Umsatz), drittgrößte sei inzwischen schon eine Micropayment-Agentur mir mehr als 100 Millionen Euro Umsatz (er nannte den Namen nicht).
Um in diesem Marktumfeld zu bestehen, müsse man sich überlegen, welches Portfolio man hat, und dass man es möglichst exklusiv hat. Seine Agentur habe die Werke der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, der Staatliche Museen Berlin und vieler anderer. Bisher seien Museen überhaupt nicht an den Erlösen aus der Fotonutzung beteiligt gewesen. Nun sei man der Ansicht, wenn Museen Werke für gewerbliche Zwecke herausgeben, dann soll das nicht umsonst passieren. „Wir wollen, dass Museen beteiligt werden, müssen dann aber auch ein Player am Markt sein, der ernst genommen wird,“ so Frentz. Daher müsse man die Bedürfnisse der Verlagswelt optimal bedienen. Der Bildermarkt für Kunstreproduktionen mache nur etwa drei Prozent des gesamten Bildermarkts aus. Museen kaufen Bilder, erhalten sie, restaurieren sie, sie sollten am Verwertungsprozess fair beteiligt sein, wenn kommerziell verwertet wird, so Frentz.
Seine Agentur vertrete inzwischen auch Museen in Dresden, München, Kassel, aber auch den auch Louvre, italienische Museen (Uffizien, vatikanische Museen etc.), österreichische, schweizerische, demnächst vielleicht das New Yorker Metropolitain Museum. Man müsse eine große Plattform schaffen, die für Nutzer ein „one stop shop“ sei, und die Museen sollen angemessen beteiligt werden.
Wie funktioniert die Verwertung in der Praxis?
Was ist mit den Fotografen? Entweder haben die Fotografen die Rechte abgetreten, oder sie halten sie selber. „Der Nutzer tut dem Museum etwas Gutes, wenn er bei uns einkauft, wir hoffen, dass wir den Museen eine angemessene Vergütung verschaffen können, an denen bisher die Verwertung vorbei gelaufen ist.“
Eine Frage ist, wie sieht ein solches Geschäft aussieht, etwa wenn Cornelia Sollfrank eine Installation schafft. Dann, so Frentz, habe sie die Bildrechte und könne entscheiden, ob das Bild verwertet wird. Wenn etwa Christoph Irrgang für ein großes Museum fotografiert hat, wird er angemessen honoriert, tritt die Verwertungsrechte ab und ist voll zufrieden. Einwurf Irrgang: „Ich bin nicht immer voll zufrieden; es ist mein Ziel, zufrieden zu sein.
Ein Bild für die Veröffentlichung in der FAZ, etwa ein 2- oder 3-Spalter, bringe ein Honorar von 80 Euro, das Museum bekomme davon 40 Euro. Die FAZ ist verpflichtet, mit dem Rechteinhaber in Beziehung zu treten (also in dem Fall vertreten von VG Bildkunst, weil die Agentur nur Bilder anbietet, deren Urheber dort Mitglied sind). Die FAZ muss noch einmal etwa 100 Euro an VG zahlen. Die VG nimmt nur wenige Prozente, dann bekommt die Künstlerin davon 97 Euro. Die Preise für die Nutzung sind sehr unterschiedlich, von wissenschaftliche Nutzung für 26 Euro pro Bild bis zu einer Nutzung für Werbezwecke, bei der der Preis 20.000 Euro sein kann bzw. im Prinzip sogar nach oben offen.
Pfennig: Viele ausländische Bildagenturen nehmen allerdings so hohe Honorare für ihre Dienstleistung (bis zu 2000 US-Dollar pro Bild), dass die Bilder nicht verwertet werden können.
Irrgang beschreibt den Fall, in dem er für eine aufstrebende Galerie arbeitet. Er hat selber die Drittrechte, aber die Galerie geht Pleite, der Galerist verschenkt die Bilder, die Zeitschrift „Kunstforum“ habe mehrfach derartige Bilder publiziert. Am Ende mussten se auch dafür bezahlen, aber erst nach viel Recherche und Auseinandersetzung.
Sollfrank: Welche Rechtsform hat die Agentur; was kann ein Museum mit Bildrechten erlösen?
Frentz: Das Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz ist Teil der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, eine Abteilung der Staatsbibliothek mit dem Sonderstatus „Regiebetrieb“. d.h. mit eigenem Etat. Nicht steuerfinanziert, sondern über Honorarumsätze finanziert. Die Umsätze liegen im Millionenbereich, aber das sind keine gigantischen Umsätze, noch dazu sei habe Archiv mit zeitgeschichtlichen Bilder den größten Anteil, es seien nur etwa 100.000 Kunstbilder von insgesamt zwölf Millionen Bildern. Aber: „Was von uns kommt, ist für die Museen ein Nettoerlös“. Für die Hamburger Kunsthalle liegen die Einnahmen „sicher unter 100.000 Euro, aber steigend.“
Öffentliche Förderung als Bürde für die Museen?
Moderator Volker Grassmuck fragt, ob Pfennig die öffentliche Förderung als eine Bürde sehe, von der Museen sich befreien müssen?
Pfennig: Meiner Ansicht nach sollen Museen das Dreifache von dem bekommen, was sie derzeit erhalten, von mir aus sollten sei auch keine Eintrittsgelder nehmen müssen, da viele Familien bei Preisen von acht Euro pro Karte es sich inzwischen kaum noch leisten könnten, ins Museum zu gehen. Der Staat solle die Kultur besser ausstatten, solle aber auch für Nutzung von Bildern in Schulen angemessen bezahlen. Aber die Museen wissen nicht, wie sie vernünftig haushalten. Ein Beispiel: Die Hamburger Kunsthalle hatte eine Fotografin, die alle Rechte an ihren Fotos behalten hat – so ökonomisch blöd können nur Kunsthistoriker sein. Wenn alle ihre Rechte nutzen, dann sollten Museen ihre Rechte auch zu Geld machen können. Wenn sie es nicht wollten, müssen sie es ja nicht, wir sagen nur, was geht. Museen werden kaputt gespart, denen kann man helfen, indem man ihnen sagt, wie sie Rechte verwerten können.
Haben kleine Museen und unbekanntere Künstler eine Chance, von der Verwertung zu profitieren?
Sollfrank: Die Fallstudie in Witten habe ihr gezeigt, dass es für ein solches Museum völlig unrealistisch sei, in diesen Markt einzusteigen – sie haben keine Fotografien und auch gar kein Personal, dass das verwalten kann. Bildmarkt ist ein Markt für wenige Künstler und wenige Motive, die Breite wird ja gar nicht nachgefragt. Der Aufwand in Witten wäre größer als der wirtschaftliche Ertrag.
Pfennig: Was spricht dagegen, es zu versuchen? Im Musikmarkt gibt es viele Leute, die nur Madonna, die Beatles, Rolling Stones hören – man kann nicht sagen, weil hauptsächlich fünf Prozent der Menschen nur die bekannten Musiker anhören, sollten sich die anderen nicht vertreten lassen. Natürlich scheißt der Teufel auf den größten Haufen. Aber die VGs ermöglichen es, den Zugang zu mehr Werken zu ermöglichen, es werden nur Bilder von Werken genommen, deren Rechte man verlässlich bekommen kann, und dann haben die Verwerter, also etwa die Redakteure bei der FAZ, viel größere Möglichkeiten, aus verschiedenen Werken auszuwählen. Die EU macht eine Politik, die uns nicht passt: es soll noch einfacher werden, die Rechte zu erwerben. Doch viele Künstler wollen ihre Rechte gar nicht verwerten, aber in Brüssel will man ihnen diese Rechte entreißen. Wir bekämpfen diese Politik.
Die VG Bildkunst, so Pfennig, wurde zu Beginn von allen bekämpft: Verleger wollten nicht für die Abbildung von Kunstwerken zahlen, öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten wollten nicht zahlen, das sei doch nur Werbung für Künstler), wenn ihre Bilder gezeigt würden, zur gleichen Zeit hätten sie aber an 800 Millionen Mark an die GEMA abgeführt. Inzwischen nehme die VG Bildkunst 20 Millionen Euro im Jahr ein. Man kann sagen, dass sind Peanuts, aber für die, die das bekommen, sind das keine Peanuts, weil sie aus den Primärmärkten rausgeschmissen werden wie die Klamotten der letzten Saison. Man denke nur an Wolf Vostell, der arm gestorben sei, am Ende nichts anderes hatte als seine VG-Einnahmen. Die Leute brauchen dieses Geld, Urheberrechte sind nicht aus vergangene Zeiten, solange der Staat nicht die Künstler aushält, sind die Rechte eine reale Geldquelle.
Open Access für Bilder?
Grassmuck fragt, ob über bestimmte Open Access-Privilegien für bestimmte Nutzungen nachgedacht werde.
Pfennig: Künstler können ihre Rechte freigeben, wie sie wollen, sie können sie auch unter einer Creative-Commons-Lizenz veröffentlichen. Wenn man aber den Künstlern das Recht nehmen will, über diese Rechte bestimmen zu können, dann muss man das Urheberrecht ändern.
Frentz: Wikipedia ist eine tolle Sache, aber Urheberrechte werden dort massiv verletzt, viele Nutzer scannen etwas aus Büchern, ohne die Fotografen zu fragen oder zu nennen. Fotografenrechte werden dort ständig verletzt. Ein besonderes Problem ist, dass bei der Wikipedia auch die gewerbliche Nutzung erlaubt ist; es gibt genügend Bücher, in denen als Bildhinweis nur noch steht: Quelle, Wikipedia.
Irrgang fügt hinzu: Ich will keine kommerzielle Nutzung, ohne dass ich gefragt werde.
Sollfrank: Für mich immer die Frage: was ist mein Bild, wo fängt es an? Es gibt Leute, die der Ansicht sind, dass meine Werke keine ausreichende Schöpfungshöhe haben; das kann gut sein. Es ist Teil meiner Arbeit, das zum Thema zu machen, Originalitätskriterien in Frage zu stellen. Damit will ich arbeiten, Open Access hat man zu meinen Bildern.
Paul Keller weist darauf hin, dass die Nutzungsbedingungen der Wikipedia deutlich sagen, dass Bilder, an denen Schutzrechte bestehen, nicht hochgeladen werden dürfen.
Pfennig: Besonders schwierig ist die Abgrenzung zwischen kommerziell und nicht-kommerziell. Man müsse nur das Beispiel Vereinszeitung nehmen: die ADAC Motorwelt ist auch eine Vereinszeitung, hat aber eine Auflage von fünf Millionen Exemplaren. Soll sie Werke gebührenfrei nutzen dürfen? Und um solche Fragen dürfen wir uns dann streiten.
22 Kommentare
1 Micha Rieser am 29. September, 2008 um 09:35
“Frentz: Wikipedia ist eine tolle Sache, aber Urheberrechte werden dort massiv verletzt, viele Nutzer scannen etwas aus Büchern, ohne die Fotografen zu fragen oder zu nennen. Fotografenrechte werden dort ständig verletzt.” – Wie kann man öffentlich nur so einen Mist erzählen? Wikipedia löscht sehr konsequent urheberrechtl. geschützte Inhalte. Vielleicht sollte Herr Frentz zuerst abklären, bevor er seine eigenen Vermutungen als Tatsachen verkauft.
2 Matthias Spielkamp am 29. September, 2008 um 11:19
Hallo Micha, ich denke, das nur so zu betrachten, ist vorschnell. Sicher versuchen die Wikipedianer, Dateien schnell zu löschen, die gegen Urheberrechte verstoßen. Nur ist das in sehr vielen Fällen überhaupt nicht klar. Oft genug wird ein Foto aus einem Buch eingescannt und online gestellt in der Annahme, z.B. die Mona Lisa ist ja gemeinfrei. Was auch stimmt – nur gibt es zusätzliche Schutzrechte auf das Foto. Worum sich diejenigen, die es online stellen, oft genug nicht scheren, weil sie es meist gar nicht wissen. Man kann beklagen, dass ein derartiger Schutz besteht, das ändert aber nichts an der Rechtslage und daran, dass Frentz wahrscheinlich Recht hat.
3 Felix Sandberg am 29. September, 2008 um 11:32
Es ist schon erstaunlich, was über die Wikipedia-Autoren hier an “Mutmaßungen” angestellt wird. Woher nimmt Herr Spielkamp die Unterstellung, daß § 72 UrhG bei uns auf Wikipedia “unbekannt” ist? Wir führen auf der entsprechenden Seite entsprechende fachliche Diskussionen, und selbst Bilder, die ich als rechtlich unproblematisch eingestuft habem werden aus Vorsicht kritisch gesehen bzw. abgelehnt. Informieren, bevor man etwas schreibt, wäre schon nützlich. Ach, und ja, ich bin kein Hobby-Urheberrechtler, ich befasse mich schon beruflich damit, und nebenbei auch an einer Hochschule , und zwar “von der anderen Seite des Katheders aus”, wie es so schön heißt. Fehler passieren überall, aber der Wikipedia-Gemeinde freihändig Rechtsverletzungen zu unterstellen, ist selbst eine Rechtsverletzung. Wenns mich zu sehr ärgert, überlege ich mal, wem ich hier eine Unterlassungsabmahnung schicken kann :-) Grüße, FS
4 Ralf Roletschek am 29. September, 2008 um 11:42
Ein Foto der Mona Lisa ist nicht schutzfähig, weil es eine 2D-Kopie und kein eigenes Werk im Sinn der Schöpfungshöhe ist. Wenn hier behauptet wird, daß Urheberrechte verletzt werden, dann bitte mit genauer Angabe, wann und wo. Bis dahin bleiben das lediglich unbewiesene Behauptungen.
5 Christian Bier am 29. September, 2008 um 12:03
Das her Herr Frentz Recht hat, möge er doch anhand von Rechtsentscheidungen und Paragraphen belegen.
6 Sandra Wallberg am 29. September, 2008 um 12:06
http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Urheberrechtsfragen#Wikipedia_verletzt_massiv_Urheberrechte.3F
7 Marc Behrends am 29. September, 2008 um 13:29
Reproduktionsfotografie von zweidimensionalen Vorlagen erzeugt keine neuen Schutzrechte: Kein Urheberrecht, kein Leistungsschutzrecht als Lichtbild. Das ist die herrschende Meinung, auch wenn das von Museen und Reproduktionsfotografen anders gesehen wird.
Nach dem Ablauf der Urheberrechte des Künstlers haben weder das Museum, noc hder Reproduktionsfotograf irgendwelche Rechte, das Werk ist gemeinfrei und gehört nur noch der Menschheit.
Wenn Herr Pfennig in seinem Buch und in der Diskussion anderes behauptet, ist das zwar im Interesse der VG, hat aber mit der Rechtslage nichts zu tun.
8 E. S. Myer aka MrsMyer am 29. September, 2008 um 13:39
Frentz sagt: “(…) es gibt genügend Bücher, in denen als Bildhinweis nur noch steht: Quelle, Wikipedia.”
Was nicht bedeutet, dass Wikipedia die Rechte von Urhebern verletzt; in solchen Fällen verletzen die Verlage die Rechte der Wikipedia-Fotografen.
Was mir im übrigen gerade widerfahren ist mit zwei Fotos, die ich für Wikipedia gemacht habe. Sie wurden in einer Broschüre über eine Ausstellung veröffentlicht, ohne Lizenzangabe.
Zu kritisieren ist nicht Wikipedia oder deren ehrenamtliche Mitarbeiter. Zu kritisieren sind Weiternutzer, die die Lizenzbedingungen nicht einhalten.
Herr Frentz wirft da wohl etwas durcheinander.
9 Matthias Spielkamp am 29. September, 2008 um 14:55
Hallo zusammen,
ist ja schön, dass das Thema so kontrovers diskutiert wird. Ich möchte einiges klarstellen. Zum einen wird bei iRights.info nicht zensiert. Selbstverständlich behalten wir uns vor, rechtsverletzende Beiträge nicht zu veröffentlichen oder zu löschen, so wie die Wikipedia auch. Die Tatsache, dass ein Kommentar nicht augenblicklich frei geschaltet wird, als Zensur zu interpretieren, schüttet, wie so oft, das Kind mit dem Bade aus. Hier gilt, was einige Kommentatoren immer von anderen fordern: sich erst einmal schlau zu machen, bevor man loskeilt. Ich beziehe mich dabei auch auf die Kommentare im Forum der Wikipedia selbst. „Die Presse“ ist ja schlechthin böse, aber abgesehen davon, dass das – wie jede Verallgemeinerung – Unsinn ist, sollte man sich unter Umständen die Mühe machen zu prüfen, was iRights.info mit „der Presse“ zu tun hat.
Zudem gerät offenbar durcheinander, was hier passiert ist. Dies ist ein Blog, in dem eine Diskussion dargestellt wurde, die bei einer Tagung geführt wurde. Weder mache ich mir die Ansicht von Herrn Frentz zu eigen, noch bin ich der Ansicht, dass die geltende Rechtslage befriedigend ist. Auch hier gilt: wer sich den Zusammenhang der Website und der Tagung auch nur kursorisch angeschaut hätte, hätte das verstanden.
Zu meiner Vermutung (die ja prompt als „Lüge“ dargestellt wurde), dass viele Menschen sich der Tatsache nicht bewusst sind, dass es Schutzrechte auf Abbildungen gibt, die mit den Schutzrechten auf das Abgebildete nicht identisch sind: ich arbeite jetzt seit vier Jahren als Redakteur für iRights.info, das wichtigste Angebot zur Aufklärung und Information über das Urheberrecht im deutschsprachigen Web, und ich bin als Journalist (nicht als Jurist) auf diese Themen spezialisiert. So habe ich auch im Laufe der Jahre an zahlreichen Diskussionsveranstaltungen zum Thema teil genommen udn mich bemüht, derartige Zusammenhänge zu vermitteln. Es ist angesichts der Mails von iRights-Lesern und der Beiträge von Teilnehmern derartiger Veranstaltungen völlig unbezweifelbar, dass ein großer Teil der Menschen sich dieses Umstands (dass es eigene Schutzrechte an den Abbildungen gibt, wann sie greifen und wie weit sie reichen) nicht bewusst ist, geschweige denn, ihn richtig einschätzen kann. Wie man an der Diskussion hier und bei der Wikipedia selber ablesen kann, gilt das auch für Wikipedianer, worauf ja dankenswerterweise in der Diskussion dort inzwischen auch hingewiesen wurde.
So komme ich also zu dem Schluss, dass es sehr wahrscheinlich ist, dass auf der Wikipedia, an der hunderttausende von Nutzern mitarbeiten, derartige Urheberrechtsverstöße begangen werden (in den meisten Fällen wahrscheinlich unwissentlich). Hier ist die Aussage, dass die hoch geladenen Bilder ständig daraufhin überprüft werden, ob sie gegen das Urheberrecht verstoßen, eine deutliche Bestätigung meiner Vermutung und entkräftet sie gerade nicht. Wie in meiner ersten Redaktion schon geschrieben, bin ich genauso überzeugt davon, dass der überwiegende Teil der Wikipedia-Gemeinde bestrebt ist, diese Verstöße zu entdecken und abzustellen.
Nun noch eine persönliche Anmerkung: iRights hat sich, seit es das Angebot gibt, auch der Information über Open Content und die entsprechenden Lizenzen und Modelle verschrieben. Alle Artikel auf der Site stehen unter der Lizenz CC by-nd. Natürlich muss man damit leben, und das kann ich auch sehr gut, dass kritisch auf meine Beiträge verwiesen wird. Nur sollten sich manche (nicht alle!) Kommentatoren die Frage stellen, wem sie einen Dienst damit erweisen zu behaupten, beim Einsatz von Open Content würden keine rechtlichen Probleme entstehen und einen Sturm im Wasserglas entfachen, sobald von irgendeiner Seite Kritik daran geäußert wird. Vielleicht macht sich ja jemand die Mühe, diesen Beitrag auch im Wikipedia-Forum einzustellen.
10 Marc Behrends am 29. September, 2008 um 15:38
“dass es Schutzrechte auf Abbildungen gibt, die mit den Schutzrechten auf das Abgebildete nicht identisch sind.”
Bezüglich der Reproduktion von zweidimensionalen Vorlagen ist das falsch. Da gibt es keine Schutzrechte auf die Abbildung.
Der Bundesgerichtshof hat das in der Entscheidung vom 8. 11. 1988 Az. I ZR 14/88 (Bibelreproduktion) klargestellt. Der Ihnen wohl bekannte Anwalt und Verfasser einflussreicher Kommentare David Seiler fasst zusammen: “geht die überwiegende Meinung davon aus, dass Reprofotos weder urheberrechtlich geschützt sind, noch Lichtbildschutz genießen. ” http://www.jurpc.de/aufsatz/20040251.htm – Absatz 13).
11 Matthias Spielkamp am 29. September, 2008 um 16:36
Hallo Marc, Du hast völlig Recht: “der technische Reproduktionsvorgang allein begründet noch keinen Lichtbildschutz (vgl. BGH, Urteil vom 8. November 1989 – I ZR 14/88, GRUR 1990, 669, 673 – Bibelreproduktion),” zitiert nach http://de.wikipedia.org/wiki/Bildrechte#Zweidimensionale_Vorlagen.
Nur ist das Problem, dass wir hier nicht von zweidimensionalen Vorlagen reden, das aber entweder absichtlich oder unabsichtlich in der Diskussion in einen Topf geworfen wird. Zumindest war die Mona Lisa beim letzten Mal, als ich sie gesehen habe, noch dreiminsional. Und schau mal, was in der Wikipedia dazu steht, einen Absatz unter dem eben Zitierten:
“Dreidimensionale Vorlagen – Bei der Fotografie dreidimensionaler Vorlagen entsteht immer ein Lichtbild (oder unter Umständen auch ein Lichtbildwerk), das urheberrechtlich geschützt ist. Der Fotograf kann in diesem Fall durch die Wahl des Standorts seine Kreativität einbringen.” (http://de.wikipedia.org/wiki/Bildrechte#Dreidimensionale_Vorlagen)
Es geht nicht um ein Foto, das ich einscanne. Daran erwerbe ich keine Schutzrechte. Es geht um – teils sehr aufwändige – Reproduktionen von Gemälden auf Leinwand, Deckengemälden, Fresken, Statuen usw. Versuch mal, die auf einen Scanner zu legen. Ich denke, damit dürfte diese Diskussion beendet sein.
12 Christoph Irrgang am 29. September, 2008 um 16:45
“geht die überwiegende Meinung davon aus, dass Reprofotos weder urheberrechtlich geschützt sind, noch Lichtbildschutz genießen”
Der hier zitierte Verfasser David Seiler distanziert sich im anderen Teil seines Satzes aber genau von dieser Auffassung und weist auf ein entsprechendes Urteil hin.
13 Dr. Klaus Graf am 29. September, 2008 um 16:47
Da Herr Spielkamp in seiner arroganten Art die Diskussion für beendet erklärt hat, gebe ich mich keinen Illusionen hin, was die Veröffentlichung dieses Kommentars anbelangt. irightsinfo informiert falsch und einseitig, auch was die Frage der 2-D-Reproduktionen angeht. Wer ein Gemälde als dreidimensional ansieht, hat nichts, aber auch gar nichts von der hier diskutierten Problematik verstanden. Natürlich ist ein Ölgemälde in gewissem Sinn 3-D, dann wird man aber überhaupt nichts zweidimensionales auf dieser Welt finden. Derart miese Taschenspielertricks sind einfach nur lächerlich. Ich habe die Rechtslage besser und klarer als irights.info in meinem Artikel in der Kunstchronik 2008 dargestellt:
http://archiv.twoday.net/stories/4850312/
14 Adam J. Pierson am 29. September, 2008 um 17:09
Ein Gemälde wie die Mona Lisa ist also dreidimensional – wohl weil ein wenig rau an der Oberfläche, nicht wahr? Mit Verlaub gesagt, das ist absurd. Mit dieser Argumentation wäre jedes flächige Werk dreidimensional, denn zumindest unter dem Elektronenmikroskop gleicht jede noch so glatte Oberfläche den Tessiner Alpen.
15 Christoph Irrgang am 29. September, 2008 um 21:01
Die Diskussion über 2-D und 3-D ergibt so keinen Sinn. Gute Gemäldeaufnahmen verlangen eine auf das jeweilige Bild bezogene Ausleuchtung; dies gilt sogar für einige Papierarbeiten. Sich im Format, der Oberfläche, dem Kontrast und der Farbigkeit ähnelnde Gemälde können unter ähnlichen, aber selten identischen Bedingungen fotografiert werden.
Auch kann es verschiedene Auffassungen über den Grad der Oberflächenwiedergabe geben.
Dreidimensionale Objekte und Räume sind ein getrenntes Thema.
Museen und öffentliche Sammlungen stellen mit technisch – ästhetisch anspruchsvollen Fotoaufnahmen sicher, dass das “Bild der Kunst” die Kunst nicht verfälschend oder banalisierend darstellt. Die Herstellung dieser Fotos für unterschiedliche Zwecke erfolgt mit einem hohen personellen, und damit finanziellem Gesamtaufwand für ein Museum.
Das ist die eigentliche Problematik von Museen und Sammlungen. Warum sollen nun die Museen unter Druck gesetzt werden, entweder alles zu verkaufen oder auch alles für jeden in jeder Qualität zugänglich zu machen und damit in beiden Fällen die Kompetenz und die Kontrolle über etwas mit grossem eigenen Aufwand hergestelltes abzugeben? Ob die Frage des Lichtbildschutzes hier die alleinigen Antworten geben kann, halte ich für fraglich.
16 Marc Behrends am 29. September, 2008 um 22:26
Seiler erwähnt in dem genannten Artikel, dass er persönlich eine andere Meinung vorzieht, aber nichts desto weniger geht die herrschende Meinung davon aus, dass Reproduktionsfotografie nicht nur kein Lichtbildwerk erzeugt, sondern dass sie auch keinen Leistungsschutz für ein Lichtbild genießt.
17 Ralf Roletschek am 29. September, 2008 um 23:05
Wann wird ein Werk geschaffen? Hier hilft der Wikipedia-Artikel zur Schöpfungshöhe weiter:
* Es muss eine persönliche Schöpfung des Urhebers vorliegen.
* Sie muss einen geistigen Gehalt haben.
* Sie muss eine wahrnehmbare Formgestaltung aufweisen.
* Es muss in ihr die Individualität des Urhebers zum Ausdruck kommen.
All dies ist bei der Reproduktion einer 2D-Vorlage nicht gegeben. Nachzulesen auf: http://de.wikipedia.org/wiki/Sch%C3%B6pfungsh%C3%B6he
18 Matthias Spielkamp am 30. September, 2008 um 08:15
Sehr geehrter Herr Graf, ich gebe mich nicht der Illusion hin, dass die Veröffentlichung Ihres Kommentars Ihre Ansicht ins Wanken bringen könnte, die ganze Welt, einschließlich iRights.info, habe sich gegen Sie verschworen. Ich kann es nur wiederholen: hier wird nicht zensiert. Äußerungen wie Ihre fallen immer auf den Autoren selber zurück; ich überlasse es mal den Lesern zu entscheiden, wer sich hier arrogant verhält.
Zum Thema: Im Gegensatz zu Ihnen verfolgt die iRights.info-Redaktion keine politische Agenda. Daher müssen wir auf „miese Taschenspielertricks“, die Sie uns unterstellen, verzichten und – im Gegensatz zu Ihnen – darauf Rücksicht nehmen, dass die Welt nicht immer so ist, wie man sie sich (vielleicht) wünscht. Da ich aber Ihrer Einschätzung nach ohnehin keine Ahnung von diesem Thema habe, veröffentliche ich hier zur Klärung diejenige meines iRights.info-Redakteurskollegen und Urheberrechtlers Dr. Till Kreutzer:
„Es gibt zwei Entscheidungen des BGH, die sich mit ähnlichen Fragen beschäftigt haben (“Bibelreproduktion” und “Telefonkarte”, Nachweise im Artikel, das Telefonkarten-Urteil finden Sie unter http://tinyurl.com/3zpb6q (PDF, 604 KB).
Dabei ging es um ähnliche Fragen. Der BGH hat in keinem der Urteile gesagt, dass ein Foto, das ein Fotograf von einem gemeinfreien Gemälde macht (Bsp.: Mona Lisa), keinen Leistungsschutz genießt. Vielmehr hat er zweierlei gesagt:
1. (Urteil Bibelreproduktion): Wenn man ein Lichtbild abfotografiert (Foto vom Foto), entsteht an dem 2. Foto kein Lichtbildrecht. Das entsteht nämlich nur an einer “Urfotografie”, also jeweils an dem ersten Foto, das von einem Motiv gemacht wurde. Wenn man das gleiche Lichtbild noch einmal abfotografiert, entsteht an dem 2. Foto kein Recht. Grund: Sonst könnte man durch bloßes Abfotografieren von Fotos die Rechte an dem Ursprungsfoto ohne Aufwand unendlich ausdehnen. So war es bei den Bibelreproduktionen. Hier hatten die Bibelhersteller nämlich “Fotos von Fotos” übernommen, was als zulässig erachtet wurde.
2. Im Fall Telefonkarten (war auch bei den Bibelreproduktionen Thema) hat der BGH nur gesagt, dass an einer rein “technischen Reproduktion” kein Lichtbildrecht entsteht. In dem Fall war gar nicht klar, ob die Klägerin (DTAG) die Abbildung, die von einem anderen übernommen wurde, mit einer automatisch funktionierenden Reproduktionskamera erstellt hatte oder ob es sich bei der Abbildung, für die die Telekom Rechte beansprucht hatte, um ein “Urbild” oder das Foto eines Fotos handelte.
Man muss also zweierlei unterscheiden:
a) rein technische Reproduktion = kein Lichtbildschutz, Foto vom Foto = auch kein Schutz.
b) Fotografische Reproduktion, also “Urbild” vom Motiv = Lichtbildschutz.
Bei dieser Erstaufnahme kommt es für die Schutzfähigkeit nicht darauf an, ob das Motiv (noch) urheberrechtlich geschützt ist. Mache ich ein “Urbild” von einer Landschaft (Landschaft ist natürlich nicht urheberrechtlich geschützt) erlange ich ein Leistungsschutzrecht. Genauso wenn ich eine (erste) Fotografie von einem gemeinfreien Werk (Mona Lisa) mache.
Die hier relevante Frage hat also das Ergebnis: Wenn man andere Fotos abfotografiert, kann man meistens nicht beurteilen, ob das andere Foto ein “Urbild” oder nur ein Foto von einem Foto war. Wenn es ersteres ist, also das Motiv als Original erstmals fotografiert wurde, darf man das Foto nicht verwenden. Das Risiko ist also relativ groß, dass man damit baden geht. Das heißt im Übrigen, dass man, wenn man das andere Foto abfotografiert, selbst an der neuen Aufnahme auch kein Leistungsschutzrecht erwirbt.“ Ende Zitat Kreutzer
Wer nur seine eigene Einschätzung zur Kenntnis nehmen will, wird natürlich auch das für eine falsche und einseitige Darstellung und seine eigene für besser halten. Denjenigen, die an Aufklärung interessiert sind, ist sie hoffentlich eine Hilfe.
19 jörgens am 30. September, 2008 um 12:02
Ich finde die Einführung des Begriffs Ur-Photo des Matthias Spielkamp eigentlich. Orginell was ist bitte ein Ur-Photo der Mona-Lisa? Wenn man das reine Bild ohne den Rahmen um jeglichen Verdacht einer 3-Dimensionalität wegzunehmen mit einer Kamera aufnimmt ohne das weitere Teile außerhalb des Bildes zu sehen sind mach ich ein Ur-Photo und habe daran Rechte? Wenn ich dasselbe Bild nehme und auf einen Scanner lege habe ich keine Rechte. Das Ur-Photo kann also nur eine neue Erfindung sein um auf einigermaßen unoriginelle Weise das BGH_Urteil umgehen zu können. Da kann man sich doch nur an den Korpf fassen wie versucht wird hier irgendwelche Rechte vorzutäuschen.
20 Dr. Klaus Graf am 30. September, 2008 um 14:32
Die Ausführungen von Herrn Kreutzer sind eine Mindermeinung, der umfangreichste und angesehenste Urheberrechtskommentar von Schricker vertritt (ebenso wie der BGH, wenn man ihn nicht voreingenommen, sondern im Kontext der vorangegangenen Diskussion im Schriftttum liest) dezidiert eine andere Auffassung. Die Praxis der deutschsprachigen Wikipedia und von Wikimedia Commons ist eindeutig und kann daher guten Gewissens auch allen anderen Nutzern empfohlen werden (abgesehen davon, dass auch die bekannten Directmedia-CDs unangefochten auf die 2D-Position setzen). Es hat mit politischer Agenda nichts zu tun, die herrschende juristische Meinung zu vertreten und damit der unerwünschten Verlängerung der Schutzfrist und der Remonopolisierung gemeinfreier Inhalte entgegenzutreten. Der BGH hat in “Bibelreproduktion” diesen Aspekt ausdrücklich angesprochen. Dazu wäre kein Anlass gewesen, wenn er die Position vertreten hätte, man könne ja ohne weiteres eigene Reproduktionen gemeinfreier Objekte anfertigen. Wie eine genaue Lektüre dieses BGH-Urteils zeigt, ist es in nennenswertem Ausmaß beeinflusst von einem Aufsatz Wilhelm Nordemanns in GRUR, der die Fotografien Zilles angeführt hat, von denen nur Abdrucke in einem Bildband greifbar sind.
Die Urbild-Theorie ist alles andere als schlüssig, wie folgende Aufstellung zeigt:
Abgebildetes 3-D-Objekt: Lisa del Giocondo
2-D-Abbildung (Urbild): Mona Lisa (von Leonardo)
Bild vom Urbild: Foto der Mona Lisa.
21 Horst Goebel Photo & Design am 28. Dezember, 2009 um 20:29
Nach 12 Monaten und meterlangem Text zu Zwei- oder Dreidimensionalität von Gemälden zurück zu Wikipedia: Nach der flächendeckenden Begeisterung über (den Informationsgehalt von) Wikipedia möchte ich meine Vision hierzu preißgeben. Nachdem der Gründer nun über seinen kleinen Personalbestand klagt (nur 30 Mitarbeiter) und Spendenaufrufe (zur Weihnachtszeit) tätigt wird es von der Marketingstrategie wohl so weitergehen: Die Spenden werden nicht reichen um das kometenhafte Wachstum von Wikipedia zu bewältigen. So begründet, wird die Website mit Anzeigen ‘ausgeschmückt’, die durch die hohe Verbreitung entsprechend hohe Einnahmen bei entsprechender Anzeigenklientel einbringen wird. Die vielen ‘hilfsbereiten’ Menschen, die ihr Wissen und ihre Fotos (und natürlich auch die eingesannten bzw. downgeloadeten aus anderen Quellen und von Berufsfotografen) haben sich wie die Lemminge vor diesen Marketingkarren spannen lassen. – Wir freuen uns alle über den Monopolisten der Wissensvermittlung!
Was sagen Sie dazu?