Sebastian Blumenthal: Urheberrecht muss dauerhaft technikneutral ausgestaltet werden
Das in Deutschland geltende Urheberrecht ist das Ergebnis eines seit Mitte der 1960er Jahre laufenden Prozesses. Bei den verschiedenen Reformen hat der Gesetzgeber stets versucht, technische Entwicklungen einzuholen – und kam oft zu spät.
Die größte Herausforderung für das Urheberrecht liegt daher aus meiner Sicht in der Aufgabe, das Recht so an die Entwicklung der Außenwelt anzupassen, dass nicht alle paar Jahre nachgebessert werden muss. Der Gesetzgeber kann technische Entwicklungen meist nicht in ihrer ganzen Auswirkung vorhersehen. Zugleich möchte er stets einen angemessenen Ausgleich zwischen den Nutzern von Inhalten und den Schöpfern dieser Inhalte erreichen. Zur Lösung dieses Dilemmas müssen wir versuchen, die Regelungen so gerecht und so technikneutral wie möglich auszugestalten.
Ein praktisches Problem stellt es aus Sicht der Inhaber von Urheberrechten dar, wenn sie das Gefühl haben, dass sie ihren Rechten im digitalen Raum kaum noch Geltung verschaffen können. Diesen Ängsten wollen wir Rechnung tragen, dabei aber nicht übers Ziel hinausschießen. Urhebern muss es möglich bleiben, mit ihren kreativen Leistungen ihre Lebensgrundlagen zu erwirtschaften. Unverzichtbar ist bei allen Durchsetzungsbemühungen aber die Beachtung der Freiheitsrechte der Bürgerinnen und Bürger. Three strikes Regeln wie in Frankreich kommen für die FDP nicht in Frage. Wichtig ist vielmehr Rechtssicherheit und eine für alle Beteiligte nachvollziehbare Rechtsprechung -und durchsetzung. Die teilweise sehr widersprüchlichen Urteile zu identischen Vorgängen verunsichern Rechteinhaber und Nutzer massiv.
Entscheidend für ein Funktionieren des Urheberrechts auch in Zukunft wird zu großen Teilen die Akzeptanz beim Bürger sein. Wenn Internetnutzer keinen Sinn mehr sehen in einem rechtlichen Schutz der Ergebnisse kreativen Arbeitens, werden sie rechtliche Regelungen im digitalen Raum nicht akzeptieren. Eine solche Haltung schadet am Ende allen. Der Staat muss also dringend mehr auf Aufklärung setzen, statt einfach neue Regelungen zu schaffen. Wenn es gelingt, mehr Bewusstsein zu schaffen für den Wert umgesetzter Ideen, können Nutzer und Urheber wieder näher aneinander gebracht werden.
Zur Person
Sebastian Blumenthal, geboren 1974, ist IT-Berater und seit 2009 für die FDP-Fraktion Mitglied im Deutschen Bundestag. Er ist Mitglied der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft und Vorsitzender des Unterausschusses Neue Medien. Für die FDP ist er zudem Mitglied der Programmkommission zur Erarbeitung eines neuen Grundsatzprogrammes. Hier leitet er das Programmforum “Digitale Gesellschaft”.
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