Google vs. MP3-Converter: „Jetzt ziehen die Nutzer weiter“
Google verschärft offenbar seine Maßnahmen gegen Internetdienste, die das Mitschneiden von Musik auf der Google-Videoplattform Youtube ermöglichen. So blockt das Unternehmen bereits seit vergangener Woche alle Zugriffe, die über den Konvertierungsdienst Youtube-MP3.org auf die Server der Videoplattform erfolgen. Youtube-MP3.org ist damit außer Funktion. Bislang konnten Nutzer über den kostenlosen Service die Tonspur von Videos extrahieren. Youtube-MP3.org stellte die Tonspur dann als MP3-Datei zum Download bereit.
Philip Matesanz, Inhaber der niedersächsischen Firma PMG Technologie UG, die Youtube-MP3.org betreibt, wehrt sich gegen Googles Forderung, seinen Konvertierungsdienst einzustellen. „Google scheint jetzt alle Betreiber einer webbasierten Technologie auszuschalten“, sagte Matesanz am Donnerstag gegenüber iRights.info. In einem Hilferuf an seine Nutzer greift Matesanz den US-Konzern an. Google habe jedes Gespräch abgelehnt und schere sich nicht um Millionen von Menschen, die YouTube-MP3.org genutzt hätten.
Google fordert derzeit mehrere Betreiber von Konvertierungs- und Downloaddiensten auf, ihr Angebot einzustellen. Das Blog „torrentfreak.com“ hat das entsprechende Schreiben eines Google-Anwalts an „music-clips.net“ veröffentlicht.
Download verboten? Streit um Nutzungsbedingungen
Eine Google-Sprecherin wollte gegenüber iRights.info auf einzelne Rechtstreitigkeiten nicht eingehen. Auch eine Trendwende im Umgang mit MP3-Konvertierungsdiensten wollte sie am Mittwoch nicht bestätigen. „Wir haben Verstöße gegen unsere Nutzungsbedingungen immer ernst genommen, und werden unsere Nutzungsbedingungen auch weiterhin gegen Websites durchsetzen, die sie verletzen“, so das offizielle Google-Statement. Das gelte unabhängig vom Fall Youtube-MP3.org auch in jedem anderen Land.
Die Nutzungsbedingungen von Youtube untersagen es, dass andere Anbieter über die Youtube-Schnittstelle (API) Inhalte herunterladen und modifizieren. Youtube-MP3-Betreiber Matesanz argumentiert allerdings, man nutze die Youtube-API gar nicht zum Laden von Videos. „Unser Dienst funktioniert wie der Browser eines jeden Nutzers, der die Seite aufruft“, so Matesanz gegenüber iRights.info. Der Google-Anwalt sei auf diesen Einwand aber nicht eingegangen. Letztlich hat Google das Recht, Zugriffe auf die eigenen Server zu blocken. Das Unternehmen kann Youtube-MP3 also auch ohne Rechtsstreit lahmlegen.
Privatkopien sind erlaubt
Eine andere Frage ist, ob der private Nutzer von Diensten wie Youtube-MP3 gegen Verbote verstößt. Die Nutzungsbedingungen von Youtube (Punkt 6.1 K) sehen in der Regel nur ein Streaming von Videos vor. Youtube untersagt damit das Kopieren und Speichern.
Allerdings ist fraglich, ob diese Bestimmung in den Nutzungsbedingungen nach deutschem Recht Bestand hat. Dagegen spricht das Recht auf Privatkopie im Urheberrechtsgesetz (§ 53). Das Herunterladen von Youtube-Inhalten als Privatkopie ist rechtlich zulässig ist, solange es sich nicht um ein offensichtlich rechtswidrig hergestelltes oder rechtswidrig veröffentlichtes Video handelt (siehe den Überblick von iRights.info: Privatkopie & Co). „Meiner Meinung nach kann das gesetzliche Recht auf Privatkopie nicht ohne weiteres durch die AGB eines Dienstes ausgehebelt werden“, sagt der Medienanwalt Christian Solmecke.
Software für Youtube-Mitschnitte
Technisch scheint Googles Kampf gegen die MP3-Konvertierungen nur wenig aussichtsreich. Gegen den Videorekorder konnten Fernsehsender schließlich auch nichts ausrichten. „Es ist technisch sowieso nicht möglich, diese Dienstleistung zu unterbinden“, ist sich Youtube-MP3.org-Inhaber Philip Matesanz sicher. „Es dürfte völlig logisch sein, dass die Nutzer jetzt weiterziehen und sich eine der zahlreichen Softwares auf ihrem Computer daheim installieren.“ Tatsächlich gibt es zahlreiche kostenlose Programme, die Youtube-Mitschnitte ermöglichen – ohne Webseiten wie Youtube-MP3. Matesanz fordert deshalb, Google sollte die Nutzungsbedingungen von Youtube ändern, anstatt die Betreiber einer webbasierten Technologie auszuschalten.
In seinem Aufruf an die Nutzer wirft Matesanz Google vor, nicht mehr nach dem bekannten Unternehmensslogan `Don`t be evil` (,Tue nichts Böses`) zu handeln, und sich nicht mehr um die Interessen von Millionen von Nutzern zu scheren. Zugleich ignoriere Google selbst die Nutzungsbedingungen anderer, um seine Profitabilität zu steigern. Als Beispiele führt Matesanz die Dienste Google News und Google Books an, über die sich Verlage regelmäßig beschweren.
Warum macht Google das?
Dass Google derzeit strikt gegen gleich mehrere Konvertierungsdienste vorgeht, lässt Raum für Spekluationen. Klar ist, dass man mit vielen Verwertungsgesellschaften und Labels in aller Welt Verträge über das Streaming von Musikvideos geschlossen hat. Wenn sich Youtube de facto als kostenlose Downloadquelle etabliert, könnten Rechteinhaber allerdings wenig gewillt sein, ihre Videos dort in hoher Qualität laufen zu lassen, beziehungsweise auf höhere Einnahmen und Vergütungen drängen. Dem scheint Google zumindest symbolisch entgegentreten zu wollen. Zugleich steigt der US-Konzern mit seinem Dienst „Google Play Music” selbst in das Musik-Streaming-Geschäft ein. Der kostenpflichtige Service startete im November 2011 in den USA.
Leonhard: „Google ist Angriffsziel Nummer Eins”
Der Trendforscher Gerd Leonhard (Webseite) kommentierte am Freitag gegenüber iRights.info: „Youtube und Google sind das Angriffsziel Nummer Eins von fast allen Medienkonzernen und Rechtemonopolen, denn sie ändern ja das System und stoßen immer wieder in neue, schmerzvolle Grauzonen vor.” Entsprechend bekäme Google eine Menge Druck, Urheber- und Verwerterinteressen zu schützen. Dienste wie Youtube-MP3.org richteten sich einfach zu offensichtlich gegen die Nutzungsbedingungen von Youtube, deshalb würde Google einschreiten.
Leonard verweist allerdings darauf, dass auch Online-Werkzeuge wie etwa „Downloadhelper” für den Webbrowser Firefox das Herunterladen ermöglichen. Nur seien diese eben kein Webservice sondern Software und damit schwer zu kontrollieren. „Ein Stream ist ja de facto heute dasselbe wie ein Download.” Google strebt laut Leonhard nicht danach, selbst Inhalte zu verkaufen, sondern will über Inhalte Werbeplattformen schaffen und diese kontrollieren.
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