Zoe.Leela und Motor Music mit Thesen zur GEMA
Wollte man sich für Diskussionen über die GEMA ein Buzzword-Bingo zusammenstellen, dann wäre es wohl mit „Weihnachtslieder in Kindergärten”, „analoger Dinosaurier“, „In deinem Land nicht verfügbar” usw. schnell gefüllt. Wobei immer wieder gern „Fakten mit Halbwahrheiten oder gar Unwissen vermischt” werden, wie Jan Stern gerade aus Anlass der letzten Diskussionen über die sogenannte GEMA-Vermutung ganz richtig geschrieben hat.
Die Musikerin Zoe.Leela jedenfalls begleitet die Veröffentlichung ihres neuen Albums zusammen mit dem Plattenlabel Motor Music gerade mit einer Reihe von Thesen zur GEMA. Das ist natürlich auch geschickte Werbung in eigener Sache. Weil die Diskussion aber auch für iRights-Leser interessant sein dürfte, sei hier einmalig der erste Teil dokumentiert – die nächsten sollen in den kommenden Wochen folgen. Mehr darüber, unter anderem ein dreiteiliges Interview mit GEMA-Sprecher Peter Hempel findet man auch in einem GEMA-Dossier im Motor-Blog.
Hier der Text:
Die GEMA – viele Menschen, vor allem Schaffende und Künstler, runzeln die Stirn bei dem Begriff für eine Institution, die eigentlich wie für sie gemacht sein sollte und sie in ihrem kreativen Werdegang unterstützen sollte.
Fragt man diese Leute nach ihren Meinungen zu der deutschen Verwertungsgesellschaft, dann fallen immer wieder die selben Worte: altbacken, festgefahren, unflexibel, ungerecht. Dabei fragt man sich, wie solche Meinungen zustande kommen, wenn dieser Verein doch eigentlich im Sinne der Urheber eines Werkes, egal welcher Art, handelt und seine Rechte treuhänderisch, d.h. zu in seinem Interesse und zu seinem Gunsten wahrnimmt.
Vor allem der starke Halt an traditionelle Strukturen der GEMA was die Verwaltung und die Akquise von urheberrechtlich geschützten Werken betrifft, bringt viele in Unmut. Denn die GEMA, so hat man jedenfalls das Gefühl, verschließt vor neuen Medien und Möglichkeiten der Schöpfung von neuen Werken im digitalen Zeitalter eher Augen und Ohren.
Die junge Künstlerin aus Berlin hat mit der GEMA nichts am Hut. Ihre Debüt EP „QUEENDOM COME“ veröffentlichte sie 2009 kostenlos unter einer Creative Commons Lizenz. Das Mini Album schlug ein wie eine Bombe, allein im ersten Monat nach Veröffentlichung registrierte der Server über 34.000 Downloads und das Interesse an der jungen Kreuzbergerin wächst mit jedem weiteren Klick.
In der festen Überzeugung, dass Kreativität als Wert für Alle da ist, veröffentlicht sie nun am 17 Februar 2012 (Exklusiver Pre-Release über iTunes am 16.12.2011) ihr Debüt Album DIGITAL GUILT synchron auf einem klassischen Platten Label – Motor Music / Rent A Record Company- UND erneut unter einer Creative Commons Lizenz. Somit schöpft sie aus allen Chancen eines innovativen Labels wie Motor Music / Rent – A – Record) und der Creative Commons-Lizenz.
Dabei will ZOE.LEELA nicht das Post- GEMA-Zeitalter ausrufen, sondern eine Alternative bieten, Strukturen aufbrechen, kulturelle Freiheit im Netz schützen und Kreativität zu demokratisieren. Für den Käufer bedeutet das: freie Entscheidung, ob er sich DIGITAL GUILT im Laden holt oder per Download plus Donation Button selbst den Preis bestimmt.
Der Fan wird mündig und nicht kriminell. „Als Sängerin will ich eine Vertreterin derer sein, die keine Stimme haben. Es geht mir um demokratische Teilhabe –Möglichkeiten, um Gerechtigkeit, ohne Wenn und Aber. Da die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) in unverantwortlicher Weise die Möglichkeiten insbesondere junger Künstler beschneidet, anstatt sie zu fördern – was ja eigentlich ihr Interesse sein sollte, halte ich es für dringend notwendig einen kritischen Blick von außen auf die Wirkungen, die das Verteilungssystem der GEMA hat zu werfen. In Thesenform möchte ich daher Fragen bezüglich der GEMA aufwerfen, auf Probleme hinweisen, zum Mit- und Nachdenken anregen. Jeder sei willkommen sich über den Inhalt und die Stichhaltigkeit der Thesen auseinanderzusetzen und sie zu belegen bzw. widerlegen.“
Wenn die GEMA der Staat wäre, müssten alle Steuern zahlen, aber nur 5 % dürften wählen gehen, die fünf Prozent Reichsten. Nur die beitragsstärksten Mitglieder haben Mitspracherecht. Das sind von ungefähr 60 000 nur 3200 Mitglieder. Der Rechteverwerter GEMA beruft sich dabei auf das deutsche Vereinsrecht.
Mitspracherecht haben also die, die viel am Gesamtumsatz beitragen und somit auch am meisten GEMA-Einnahmen haben. Auf die Annahme, dass natürlich diese 5% wenig Interesse daran haben, daran etwas zu ändern, antwortet ein Vertreter der GEMA im aktuellen GEMA-Dossier auf motor.de folgendes:
„Auch diese wirtschaftlich erfolgreichen Mitglieder sind natürlich daran interessiert, an neuen wirtschaftlichen Entwicklungen zu partizipieren. Außerdem wäre es ja ein Umkehrschluss des GEMA Solidarsystems: verteilt wird an alle Mitglieder der GEMA gleich, unabhängig vom Mitgliedsstatus. Wir sind auch bei der Verteilung zur Gleichbehandlung verpflichtet.“
Wenn das nur so wäre… Kann man sich dieser Behauptung anschließen? Ist die GEMA ungerecht in ihrer Verteilung, sowohl der Einnahmen als auch der Vergabe von Mitspracherecht? Sind die Einteilungen in ordentliche, außerordentliche und angeschlossene Mitglieder in der heutigen Zeit überhaupt noch adäquat? Und braucht ein Künstler den Staat GEMA denn überhaupt, sofern er einer wäre?
Benjamin Tschierschke. Quelle: Motor Entertainment GmbH
Bild oben: Bundesarchiv Bild 183-U0326-0026 / CC-BY-SA
5 Kommentare
1 Sandra Weiss am 2. Januar, 2012 um 19:32
Bitte mehr zu dem Thema. Finde ich spannend. Endlich auch mal ein Künstler der dich öffentlich zu äussert und sich nicht versteckt. Chapeau an den Mut der Dame!
2 Andreas Krüger am 22. Februar, 2012 um 12:28
CC + Donate Button + Mindestpreis. Soweit ok. Aber die Lizenz sagt ja was ich darf:
to Share — to copy, distribute and transmit the work
Also wers gekauft hat darfs dann weitergeben!? Macht das Sinn? Oder legt Motor Music die CC Lizenz einfach anders aus? ;)
Viele Grüße
Andreas
3 Melanie Schmuck am 2. März, 2012 um 13:35
Motor kann die CC Lizenz nicht ausklammern. Im Gegenteil, der Konsument wird zum einem mündig und bestimmt selbst den Preis und darf es teilen. Legal! Das könnte ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung sein. Das Album ist es jedenfalls währt sich zu besorgen, bei mir in der Dauer Rotation und ihre Thesen mehr als klug formuliert, dürfen Musiker sich nicht auch Mal zum Thema Gema öffentlich äussern oder ist es den Juristen vorbehalten? Meinen Respekt hat sie, wegen ihrem Mut und ihrer musikalischen Leistung. Mehr davon!
4 Andreas Krüger am 2. März, 2012 um 14:18
Ach nein! Musiker sollen und müssen sich dazu öffentlich äussern! Sonst bewegt sich ja nichts. Ich finde Zoes Engagement genau so gut wie ihre Musik! Und ich teile und beobachte das ganze auch fleissig, damit sich was tut auf dem Gebiet. Viele Musiker (und andere Kreative) wissen ja noch nicht einmal was CC überhaupt ist. Leider!
Was sagen Sie dazu?