Der GVU-Trojaner und die Urheberrechtsdebatte
Schon seit März befindet sich der sogenannte GVU-Trojaner im Umlauf, gerade wurde die Forderungssumme für angebliche Urheberrechtsverletzungen auf 100 Euro erhöht. Laut der GVU rufen täglich bis zu 80 Betroffene des Trojaners beim vermeintlichen Absender der Forderung an.
Über die Nachricht hinaus sind für mich zwei Aspekte daran interessant: Zum einen zeigt es, wie groß die oft konstatierte Kluft zwischen dem bestehenden Urheberrecht und dem Common Sense von Nutzern ist. Dass Verbände der Unterhaltungswirtschaft wie die GVU oder eine Verwertungsgesellschaft wie die GEMA (in einer anderen Version des Trojaners) ohne jede Ankündigung private Rechner durchsuchen können, „Raubkopien” entdecken und Nutzer zur Zahlung eines „Lösegelds” auffordern dürfen, all das scheint für viele ein völlig plausibles Szenario zu sein. Wenn die GEMA oder die GVU Videos „sperren” (was nicht bzw. bei der GVU nur indirekt stimmt), warum sollten sie nicht auch den heimischen Computer sperren können? Den beiden Vereinen scheint man als Nutzer inzwischen einfach alles zuzutrauen.
Zum anderen ist es auch deshalb interessant, weil die Geschichte, die sich die Betrüger ausgedacht haben, spiegelbildlich fast alle Elemente der Warnungen enthält, die von vielen Urheberrechtlern und den Aktivisten für digitale Bürgerrechte in den letzten Jahren immer wieder vor einer privatisierten Rechtsdurchsetzung geäußert wurden. Aber auch hier gilt – Für viele Nutzer scheint es eine plausible Reaktion auf ein solches netzpolitisches Horrorszenario, den Anweisungen des Trojaners zu folgen.
1. Suchen Sie eine der angegebenen Verkaufsstellen auf
2. Fragen Sie den Händler nach einer Paysafecard im Wert von 50 €
3. Geben Sie den Code in das dafür vorgesehene Feld ein
Für mich unterstreicht das, was Cory Doctorow gerade in seinem Artikel „The problem with nerd politics” (hier auch auf deutsch) geschrieben hat:
Technik erlaubt uns, uns auf neue Arten zu organisieren und neue Strukturen aufzubauen – aber das funktioniert nur zusammen mit dem Rest der Welt, nicht indem wir uns über sie erheben.
Was sagen Sie dazu?